"Erinnerte Landschaft"

In der Kunst des manuellen Bilddrucks, der ich meine "Erinnerte Landschaft" zuordne, haben im 20. Jahrhundert Landschaftsdarstellungen einen bedeutenden und eindrucksvollen Platz eingenommen und behalten. Dies zeigen zahlreiche Druckgrafiken und manuelle Bilddrucke vieler prominenter Künstler. Die Suggestivkraft der Landschaft wird auch im 21. Jahrhundert ungebrochen bleiben. Todeslandschaften der Kriegs- und Katastrophengebiete, metropolitane Stadtlandschaften, Müll-Landschaften der Industrietechnik, flurbereinigte Agrarlandschaften oder grüne Rückzugslandschaften fordern zu neuen künstlerischen Antworten auf. Der Mensch und "seine" Landschaft stehen in einer existentiellen, artifiziellen, innerlichen und äußerlichen Wechselbeziehung, deren bildnerische Veranschaulichung gleichzeitig verschiedene Macharten zuläßt. Neben spektakulären techno-medial geprägten Landschaftsdarstellungen werden sich auch im 21. Jahrhundert imaginäre Landschaften mit lyrischen oder erzählenden Ausdrucksformen behaupten, ohne romantischen Rückzug in arkadische Beschaulichkeit zu bedeuten. Erlebte und geschaute "Landschaft" mit klassischen und neuen Techniken in ästhetische Formen, Strukturen und materiale Konstrukte zu übersetzen, wird ein bildnerisches Grundbedürfnis bleiben. Mein Zyklus "Erinnerte Landschaft", mit Acryl übermalte Materialdrucke aus dem Jahr 2005, will keine konkrete Topografie wiedergeben, er führt nicht in eine heimatliche und "heimelige" Idylle hinein. "Erinnerte Landschaft" ist Ausdrucksmittel für innere Zustände und Erfahrungen, veranschaulicht innere und äußere Wanderungen und Wegstrecken, sie verweist auf bedrohliche Ereignisse, thematisiert Wachsamkeit und Innehalten. Die neuen Horizonte sind düster, verhangen. "Erinnerte Landschaft" ist für mich auch Lebensgeschichte.

Passau, im Januar 2006
Alf Mintzel