Multikulturelle Gesellschaften in Europa und Nordamerika

Alf Mintzel, 1997: Multikulturelle Gesellschaften in Europa und Nordamerika. Konzepte, Streitfragen, Analysen, Befunde. Passau: Wissenschaftsverlag Rothe. 706 Seiten.

ISBN 3–927575–55–0

Inhaltsangabe

Das vorliegende Handbuch führt in die sozialwissenschaftliche Diskussion über „multikulturelle Gesellschaften“ ein und gibt einen Überblick über verschiedene Positionen, Ansätze und analytische Perspektiven. Wichtige makroanalytische Konzepte „multikultureller Gesellschaften“ (Milton M. Gordon; John Rex; Hartmut Esser; Hans-Joachim Hoffmann-Nowotny u.a.) werden ausführlich vorgestellt und kritisch erörtert. Das Handbuch für Lehre und Studium gibt außerdem ein Gerüst von rund 30 Schlüsselbegriffen zur Bestimmung und Beschreibung „multikultureller Gesellschaften“ an die Hand.

Die zentrale These lautet, daß es „die multikulturelle Gesellschaft als einen nach einem Muster durchgängig geprägten Allgemeintypus in Wirklichkeit nicht gibt. Es können in Vergangenheit und Gegenwart vielmehr heterogene, verschieden gestaltete soziale Gebilde als „multikulturelle Gesellschaften“ identifiziert und benannt werden.

Besprechung in Wissenschaft und Medien

Multikulturelle Gesellschaften sind tagespolitisch umstrittene Gebilde und ebenso kontrovers und konfus werden sie in einschlägigen Fachwissenschaften beschrieben und beurteilt. Entsprechend unterschiedlich wurde das Lehrbuch aufgenommen und rezensiert. Das breite Spektrum der Urteile reicht vom polemischen Verriss über sachliche Auseinandersetzungen bis hin zum höchsten Lob.

Ein Verriss endet mit dem Gesamturteil:

„Der mit wissenschaftlichen Argumentationsweisen und/oder mit dem Thema unvertraute Leser wird so nach der Lektüre zwar erheblich an Kenntnissen über die Wirklichkeit multikultureller Gesellschaften und die auf diese gerichtete wissenschaftliche Diskussion zugewonnen haben; zu fragen ist allerdings, ob damit auch ein entsprechender Zuwachs an Strukturierung dieser Kenntnisse verbunden sein wird. Aus diesem Grund wird man in der Lehre die Funktion des »Arbeitsbuches« bzw. des »Materialbandes« in den Vordergrund stellen und entsprechende Strukturierungsleistungen aus anderen Zusammenhängen einbringen müssen. Und in ähnlicher Weise wird man auch in der Forschung Nutzen aus dem Band ziehen können: als in dieser Form einzigartigen Zusammenstellung von begrifflichen Klärungen, theoretischen Argumentationen und empirisch-historischen Informationen in Bezug auf die Analyse und Wirklichkeit multikultureller Gesellschaften.“

Dr. Stefan Böckler, in: Soziologische Revue. Besprechung neuer Literatur, Jg. 21, Heft 4, Oktober 1998, S. 513–516.

„Alf Mintzels Werk stellt eine gelungene Mischung aus Handbuch und Lehrbuch dar. Der Autor legt einen fundierten typologischen Vorschlag für die Beschreibung von »Multikulturalität« in historischer und sozialwissenschaftlicher Sicht vor […] Es gelingt Mintzel, Licht in den verfahrenen bundesdeutschen »diskursiven Problemhaushalt« zu bringen […] Lehrbuchcharakter bekommt das Buch durch das explizit wissenschaftsdidaktische Vorgehen von der »denkenden Ordnung« Max Webers über die Darstellung empirischer Daten und Fakten […] Viel Anerkennung verdient die systematische Aufbereitung der streckenweise sehr polemisch geführten Diskussionen um die multikulturelle Gesellschaft in Deutschland […] Den Charakter als Handbuch konstituieren in erster Linie die Länderbeispiele […] So ist ein ideales Handbuch zur Einführung für das Selbststudium sowohl als auch für die Lehre entstanden, das ein sehr fundiertes Problembewusstsein vermittelt.“

Claudia Brass, in: Zeitschrift für Kulturaustausch, 48. Jg, 2/98. Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), Stuttgart, S. 120–122.

„Alf Mintzel hat soeben ein Werk vorgelegt, das nicht nur Licht in das Dunkel von Vormeinungen und Vorurteilen bringt, sondern auch die notwendige Schneise in ein geradezu unübersichtliches Dickicht von Konzepten und Theorien schlägt […] Unaufgeregt registriert Mintzel vielfältige Entwicklungen einer gelungenen oder auch gescheiterten »Multikulturalität« […]

Der Passauer Ordinarius für Soziologie hat das wichtigste und umfassendste, differenzierteste und somit beste Buch zum Thema vorgelegt […]“

Prof. Dr. Peter Steinbach, in: Passauer Neue Presse vom 04.11.1997, S. 14.

„Der Schlussteil […] triebt die Diskussion über das Konzept der »multikulturellen Gesellschaft« weiter voran. Dieses Konzept ist nicht unumstritten, im Gegenteil: Während hinsichtlich der Beschreibung der tatsächlichen Situation z.B. in den deutschen Ballungsräumen noch einigermaßen Einigkeit besteht, dass die Bevölkerung dort »multikulturell« zusammengesetzt ist, besteht zu »Multikulturalismus« als politischem Programm in der Gesellschaft allergrößte Uneinigkeit – unser Arbeitsplatz im Akademischen Auslandsamt ist […] in der Tat höchst multikulturell geprägt. An unseren Hochschulen kommen Wissenschaftler/innen und Studierende aus den verschiedensten Kulturen unter […] kaum irgendwo sonst zeigt sich die Fruchtbarkeit des internationalen und damit des multikulturellen Ansatzes so deutlich wie an den Hochschulen. Wir sollten diese positiven Erfahrungen […] stärker publik machen […] Denn auch Alf Mintzels Buch zeigt – in der Gesamtwirkung – vor allem Probleme multikultureller Gesellschaften. Diese sollten keinesfalls kleingeredet werden […] Aber die Betonung positiver Entwicklungstendenzen könnten auch wir stärker in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen.“

Jürgen Breywisch, in: BETREUER-FORUM des Akademischen Auslandsamtes der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen.

„All dies und vieles mehr, was zur Institutionalisierung der »Idee Europa« beiträgt, erhöht sichtbar die Identifikationsmöglichkeiten mit europäischer Kultur und Geschichte – Voraussetzungen stabiler, weil wertfundierter Identifikation mit einer »europäischen Gesellschaft«.

Sehr viel komplizierter sind die Fragen nach Wirklichkeit und Selbstverständnis der multikulturellen Gesellschaft in den einzelnen europäischen Nationen und für Europa (vgl. Mintzel 1997 zu den verschiedenen Sichtweisen auf die Kultureinheit Europas 319ff).

Prof. Dr. Bernd Schäfers, 1999: Komparative und nicht-komparative Ansätze zur Analyse der Europäisierung der Sozialstrukturen. Veröffentlichungen der Abteilung Sozialstruktur und Sozialberichterstattung des Forschungsschwerpunktes Sozialer Wandel, Institutionen und Vermittlungsprozesse des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, S. 14.