4. Auf Gedeih und Verderb. Lebens-, Geschäfts- und Einkommensverhältnisse im Hofer Druckerei- Verlags- und Pressewesen bis zum Industriezeitalter. Mit einer neuen Dokumentation alter Quellen

Einleitung und Strukturierung

Dank der Öffnung des Archivs der Firma Mintzel-Druck kann dieser Beitrag auf zahlreiche bisher unbekannte und unveröffentlichte Dokumente aus dem 17. 18. und 19. Jahrhundert zurückgreifen. Der ehemalige Inhaber der traditionsreichen Hofer Firma, Stephan Hoermann, hat mir im Jahre 2005 das gesamte Archivmaterial der Firma zur Sichtung, Auswertung und Publikation übergeben. Die im alten, seit Generationen geführten Archiv entdeckten Dokumente aus mehreren Jahrhunderten – Originalhandschriften, Aktenvermerke der Landeshauptmannschaft und der markgräflichen Regierung, Gesuche um Konzessionen, amtliche Berichte und geschäftliche Beschwerden – verändern nicht das Bild, das die oberfränkische Gewerbe- und Kulturgeschichte bisher von der historischen Entwicklung des Hofer Druckerei-, Verlags- und Pressewesen entworfen hat. Sie bieten aber neue überraschende Einblicke und lassen Vorgänge und Zusammenhänge genauer beschreiben. Akteure bleiben nicht länger Schemen in einem vagen historischen Kontext, sondern treten uns in ihren Gesuchen, Beschwerden und Korrespondenzen als Persönlichkeiten entgegen, die ihre geschäftlichen Ziele verfolgen und ihre Lebenssituation verbessern wollen. Dieser Beitrag ist als ein dokumentarischer Nachtrag zu meiner zweibändigen Publikation „Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie“ zu verstehen, der Ergänzungen, Korrekturen und Präzisierungen enthält.

Firmengeschichten folgen häufig einem trockenen chronologischen Muster: „Am einfachsten […] ist die Firmengeschichte in Form der sachlichen Aufzählung: A gründete und tat das; auf ihn folgte Sohn B und tat jenes; B starb kinderlos und die erben verkauften an C; C unternahm diese und jenes; auf ihn folgte sein Sohn D, und der regiert noch heute: Neckischer Zusatz: D junior ist drei Jahre alt und somit die Kontinuität gesichert.“ Dieses lebensferne, knöcherige Schema hatten im 18. Jahrhundert der Hofer Rektor Paul Daniel Longolius und an der Wende zum 19. Jahrhundert der Bayreuther Gelehrte Georg Wolfgang Augustin Fikenscher in ihren Firmengeschichten der Druckereien im Markgrafentum Bayreuth angewandt. Longolius hatte sich mit einer stupenden, um nicht zu sagen stupiden Faktensammlerei begnügt. Fikenscher war nicht weit darüber hinausgegangen. Auch die späteren Firmengeschichten, welche die Firma Mintzel-Druck aus Anlass von Jubiläen publizierte, folgten diesem einfachen Schema. Damit konnten Übergänge von einem Inhaber zum anderen schön „geglättet“ werden, als habe es keine Brüche gegeben, keine geschäftlichen Fehlentscheidungen, als wären alle Inhaber nur tüchtige, weitsichtige Persönlichkeiten gewesen. Longolius und Fikenscher wiesen in ihren knappen chronologischen Skizzen zwar auf geschäftliche Konkurrenz- und Konfliktlagen hin, beließen es aber bestenfalls bei Andeutungen.

Die im Anhang wiedergegebenen Dokumente aus dem Firmenarchiv ermöglichen in Verknüpfung mit anderen, teilweise schon bekannten Quellen noch mehr Licht in die vorindustriellen Lebens-, Geschäfts- und Einkommensverhältnisse im Hofer Druckerei- Verlags- und Pressewesen zu bringen. Missliche Umstände, Existenz gefährdende Konkurrenzsituationen, betriebliche Schwierigkeiten und wirtschaftliche Fehlentscheidungen kommen noch deutlicher ans Tageslicht. Damals griffen vor allem obrigkeitliche Entscheidungen immer wieder tief in die Situation der Gewerbe ein. Das Druckerei-, Verlags- und Pressewesen war in besonderer Weise den obrigkeitlichen Gewerbe- und Polizeiordnungen unterworfen. Evangelische Pastoren, insbesondere die Superintendenten, und die Rektoren des Gymnasiums mischten sich ein und trugen zum Gedeihen, aber auch zum Schaden der Betriebe bei. Die Einkommensverhältnisse wurden, wie im Folgenden aufgezeigt wird,  von einer Mehrzahl von Wirkfaktoren bestimmt. Auch soziale und gewerbliche Netzwerke waren daran beteiligt. Verwandte Familien und benachbarte Berufskreise wie Buchbinder und Kleinverleger halfen Notzeiten zu überstehen. Generell müssen wir zwischen dem so genannten freien Handwerk und freien Erwerbsformen und dem zünftigen Handwerk unterscheiden. Buchdrucker, Buchhändler und Papiermacher zählten zu den freien, das heißt, zu den nicht in Zünften organisierten Handwerken. Sie waren folglich keiner Zunftordnung unterworfen.[ii] Sie unterstanden direkt obrigkeitlichen Verordnungen und Kontrollen. Die Buchbinder waren hingegen in einer Zunft zusammengeschlossen.

Die bestimmenden, wirkungsmächtigen Faktoren können nach einem groben Schema aufgezeigt werden. Für das Hofer Druckerei- und Verlagswesen, und das gilt mutatis mutandis, also mit den notwendigen lokalen Varianten, für die Markgrafschaft Bayreuth allgemein, lässt sich eine „stille“ Wirkkraft erkennen. Nach einem „ehernen Gesetz“ konnte an den Druck- und Verlagsorten jeweils nur ein Druckereibetrieb wirklich florieren. Die obrigkeitliche Zulassung einer zweiten Offizin führte unter den gegebenen sozialen und gewerblichen Rahmenbedingungen regelmäßig zu geschäftlichen Einbußen der ersten und zu einem ruinösen Konkurrenzkampf unter beiden. Mal obsiegte die eine, mal die andere. Ich werde diese „stille“ Wirkkraft an vier Beispielen demonstrieren und ihre Auswirkungen auf die Lebens-, Geschäfts- und Einkommensverhältnisse sichtbar machen.

Es gab noch ein zweites „ehernes Gesetz“, oder sagen wir eine notgedrungene Regelmäßigkeit in diesen Branchen, nämlich Erwerbstätigkeiten neben dem erlernten Hauptberuf nachgehen zu müssen. Mitunter erhielten „Nebenerwerbstätigkeiten“ wahrscheinlich das Gewicht des Hauptberufes. So waren bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts und noch darüber hinaus so gut wie alle Hofer Druckereibesitzer, seien es gelernte Drucker oder Schriftsetzer gewesen, gelegentlich oder dauerhaft auch als Verleger tätig. Sie waren Druckerverleger. Sie handelten außerdem mit Schreibzubehör wie Papier, Federkiele, Schreibfedern und nicht zuletzt auch mit Altpapier. Man könnte sagen, die Druckereien führten zugleich einen Schreibwarenladen. In Konkurrenz zu, aber auch in Kooperation mit diesen Druckerverlegern und gleichzeitigen Kleinhändlern traten Futteralmacher, Buchbinder und Handelsleute, die allerlei Druckschriften verlegten (Johann Siegmund Strauß; Johann Christoph Leidenfrost; Johann Gotthard Püttner; Georg Stephan Ritter). Eine dritte Gruppe bildeten die gelernten Buchhändler, die in der Regel ebenfalls mit Verlagsgeschäften für sich eine weitere Einkommensquelle erschlossen. Es waren bekannte Verlagsbuchhändler wie Johann Gottlieb Vierling (1711 – 1782) und seine Nachfolger Carl Johann Albrecht Meyer (? -1793) und Gottfried Adolph Grau (1765-1827), die mit der Zeit die Druckerverleger auf diesem Erwerbsfeld zurückdrängten. Hofer Verlagsbuchhändler traten zudem auch als Leihbibliothekare und Versicherungsagenten auf. Vierling führte nebenbei ein Leihbücherei[iii], die erste private in Hof.[iv] Grau führte die Vierlingsche Leihbücherei fort und handelte außerdem mit Versicherungspolicen.[v] Aus diesen Tatsachen können wir schließen, dass in der Regel das Einkommen aus dem erlernten Hauptberuf zum Lebensunterhalt nicht voll ausreichte, vor allem wenn größere Familien ernährt werden mussten. Die Einkommensverhältnisse setzten sich folglich aus mehreren Komponenten zusammen. Für quantitative Angaben über die Anteile der Einzelerträge aus den verschiedenen Erwerbsfeldern fehlen allerdings einschlägige Quellen. Wir müssen es bei einer Art qualitativen Analyse belassen. Aus verschiedenen amtlichen Dokumenten und anderen Quellen erfahren wir zumindest punktuell einiges über Lebensverhältnisse und Geschäftssituationen. Die Konkurrenten kamen sich immer wieder ins Gehege, es gab den sprichwörtlichen Handwerkshader. Es kam zu Streitigkeiten über angebliche oder tatsächliche geschäftliche Beeinträchtigungen und Privilegien. Die Obrigkeit wurde angerufen und deren Machtwort erbeten. Handschriftliche und gedruckte Quellen enthalten darüber Auskünfte zu unseren Fragestellungen. Beide wirtschaftlichen Wirkkräfte, die ruinöse Konkurrenz zweier Druckereien, und die Notwendigkeit nebenberuflicher Erwerbstätigkeiten, bestimmten über zweihundert Jahre, bis zum Beginn des Industriezeitalters Mitte der 1850er Jahre, die Erwerbsverhältnisse in diesen Branchen.

Folgendes ist noch allgemein zu bedenken: Es gab noch keine sozialstaatlichen Gesetze, keine Arbeitslosenversicherung, keine Sozialversicherung, keine Krankenversicherung, keine Altersversicherung, keine Pflegeversicherung und – außer der christlich-karitativen Kranken- und Altenpflege und dem Almosenkasten – keine garantierte öffentliche Fürsorge. Ein Pensions- oder Rentenalter war eben so wenig bekannt wie ein Stichjahr für den Eintritt in den Ruhestand. Gearbeitet wurde so lange, wie es die körperlichen und geistigen Kräfte ermöglichten. Die Familie war die unersetzbare materielle und immaterielle Versorgungs- und Schutzgemeinschaft, Kinder waren die Alters- und Pflegeversicherung. Alle arbeitsfähigen Familienmitglieder mussten dazu beitragen, die materielle Versorgung der Familie sicher zu stellen. In der Arbeits- und Lebensgemeinschaft und im Regelwerk des Alltags kam der Ehefrau des Betriebsinhabers, der Prinzipalin, eine zentrale Rolle zu. Sie hatte für die Beherbergung, Verköstigung und Pflege des Druckereipersonals zu sorgen. Sie nahm noch unmittelbar teil am Alltag des Betriebes, sie war noch in den Rhythmus des Arbeitsablaufes mit eingebunden. Sie wurde deshalb häufig „die Seele des Betriebes“ genannt.

Die Aufzählung der drei beruflichen Hauptgruppen, die in den fokussierten Branchen und weiteren Erwerbsfeldern tätig waren, zeigt, dass im Rahmen dieses Beitrages ein Schwerpunkt gesetzt werden muss. Ich lege ihn auf das Druckerei- und Verlagswesen und befasse mich hauptsächlich mit den Einkommensverhältnissen der Hofer Druckerverleger und Zeitungsverleger seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert.

Mit der Gründung der Bayreuther Druckerei 1659/60 verlor das Hofer Druckerei- und Verlagswesen sein Monopolstellung, das es in der Markgrafschaft Kulmbach-Bayreuth hundert Jahre lang innehatte. Seither kam es auch an anderen so genannten Hauptstädten der Markgrafschaft zur Gründung von Druckereien und Verlagen, welche die Erwerbsbasis des Hofer Druckereigewerbes schmälerten.[vi] Der Hofer Druckerverleger Gottfried Mintzel (1642 – 1713) beschwerte sich deshalb in den 1670er und 1690er Jahren bei der markgräflichen Regierung, konnte aber die Entwicklung nicht aufhalten. Im Jahre 1692 kam es dann am Ort zur Gründung einer zweiten Druckerei. Ein junger Drucker namens Johann Nikolaus Martius (1661 – 1729), ein Pfarrersohn aus dem benachbarten Berg, ließ sich in Hof nieder. An diesem Punkt beginne ich mit meinen speziellen Analysen.

  1. Das “eherne Gesetz“: Der einen Gedeihen ist der anderen Untergang

Beispiel 1: Die ruinöse Konkurrenz  Gottfried Mintzel / Johann Nicolaus Martius,

 1692 – 1703

Mit der Gründung der Offizin des Martius trat dessen Betrieb in Konkurrenz zur Mintzelschen. Wie sich rasch herausstellen sollte, hatte der Wettbewerb um Druckaufträge und um Einnahmequellen für beide Seiten ruinöse Auswirkungen. Für zwei Druckereien gab es in Hof nicht genug zu tun, um florieren zu können.

Wer war dieser Johann Nikolaus Martius? Er stammte aus der kinderreichen Familie des markgräflichen Predigers Nicolaus Martius. Er war 1661 in Geroldsgrün als neuntes Kind des Pfarrerehepaars Martius zur Welt gekommen. Das Buchdruckerhandwerk hatte er zur Zeit der türkischen Belagerung Wiens erlernt. Im Jahre 1683 war er in Wien als Buchdruckergeselle beschäftigt. Danach war er nach Tyrnau in Ungarn gegangen, um dort in der Buchdruckerei der Jesuiten als Faktor zu arbeiten. Etwa 1691/92 hatte ihn sein Weg zurück in die Heimat geführt, wo er sich in Hof als Drucker niederließ. Seine Hoffnung, in Hof könne seine neu gegründete Offizin neben der Mintzelschen gedeihen, gründete wohl in den väterlichen Beziehungen zur markgräflichen Beamtenschaft. Vater Martius hatte, bevor er im Jahre 1690 in Berg bei Hof Pfarrer wurde, verschiedene Pfarrstellen inne und anscheinend das besondere Wohlwollen und die Unterstützung des Hofer Superintendenten Joseph von Waldeck genossen. Von Waldeck hatte den Vater zum Senior des Kapitels bestellt, ein Ehrenamt, das Pastor Martius vierzig Jahre lang begleitete. Die guten Beziehungen zum Superintendenten dürften dabei hilfreich gewesen sein, bei der markgräflichen Regierung eine Druckerei- konzession zu erwirken. Die Herren Geistlichen waren, dessen dürfen wir ziemlich gewiss sein, nicht „marktorientiert“, oder etwas präziser ausgedrückt, zu wenig am Bedarfsmarkt[vii] orientiert. Sie hatten als Autoren ihre eigennützige Sicht der Verhältnisse und verfolgten in hohem Maße eigene Interessen.

Als sich dann rasch herausstellte, dass in Hof zwei Druckereien nebeneinander auf Dauer nicht existenzfähig waren und eine im ruinösen Wettbewerb unterzugehen drohte, rieten wohl die Geistlichen Herren den beiden Druckern , Gottfried Mintzel und Johann Nikolaus Martius, sich zusammen zu tun. Am 6. Mai 1693 schlossen die beiden Druckerherren einen Kooperationsvertrag, Mintzel und Martius wurden Kompagnons. Einzelheiten des Kooperationsvertrages sind nicht überliefert, so dass manches unklar bleibt. Aber auch diese Hilfsmaßnahme erwies sich schon nach kurzer Zeit als nicht tragfähig. Erneut versuchte der Superintendent von Waldeck, dessen eigennützige Fehleinschätzungen die Misere vermutlich mit heraufbeschworen hatten, einzugreifen. Er wollte in dieser Situation, wie er meinte, beiden Druckern „gerecht“ werden. Er teilte zum Beispiel 1699 seine Leichenpredigtensammlung „Ehren-Gedächtnis der Gerechten“ in einen ersten und zweiten Sammelband auf und ließ den ersten bei Martius und den zweiten bei Mintzel drucken. Beide Druckwerke glichen sich bis auf geringe Abweichungen wie ein Ei dem anderen. Dem „Ersten Theil“ wurde ein Frontispiz mit dem Konterfei des Autors vorangestellt. Beide Drucker sollten wohl nicht sagen können, der Autor habe einen benachteiligt. Mintzel und Martius gaben ihr Bestes und zeigten, was sie typografisch zu leisten vermochten. Allerdings konnte diese Form einer vermeintlich „gerechten“ Verteilung von Druckaufträgen bei dem auf kleine Kreise beschränkten kulturellen Leben in Hof und seiner Umgebung den Bankrott einer der beiden Druckereien nicht aufhalten. Das eherne ökonomische Gesetz, dass sich bei gegebener „Bedarfsmarktlage“ nur eine halten konnte, wurde mit ganzer Wucht wirksam: Martius musste im Jahre 1703 aufgeben. Unser Gewährsmann, der Bayreuther Gelehrte Georg Wilhelm Augustin Fikenscher (1773 – 1813) brachte es später in seinem kleinen Werk über die „Geschichte des Buchdruckerwesens in dem Burggrafthum Nürnberg oberhalb Gebürgs“ auf den Punkt. Er schrieb 1802: „Denn ob er [Martius] gleich auf seine Druckerei viel verwendete, sich gute Schriften anschafte und für das äußere Empfehlende der ihm zu Drucken anvertrauten Sachen sorgte, so war Hof damals der Ort nicht , an welchem sich zwei Buchdrucker nähren konnten. Mintzel, der sich auch über ihn beklagte, litt daher durch ihn, und er selbst [Martius] gerieth in Verfall, worauf es ihm ziemlich hart gieng, bis er endlich im Dezember 1729 verstarb.“ Fikenscher bezog seine Informationen aus der Schrift von Paul Longolius, der 1741 geschrieben hatte, die ruinöse Konkurrenzsituation habe nicht nur Martius in den Bankrott getrieben, sondern auch die alteingesessene Offizin Mintzel geschädigt. Deren Einnahmen hatten sich so verringert, dass sie in den Betrieb zur Verbesserung der Qualitätsstandards nicht genügend investiert konnte.

Wohlgemerkt: Es gab im 17. Jahrhundert in Hof keinen wirklich anonymen, offenen Markt, auf dem die Druckerzeugnisse hätten an jedermann verkauft werden können. Für die meisten Druckerzeugnisse, besonders für die in lateinischer Sprache, gab es nur einen äußerst beschränkten Bedarfsmarkt für kleine akademische Kreise und für wenige betuchte Interessenten. So dienten zum Bespiel die zum Teil in lateinischer Sprache verfassten Beiträge der Rektoren Christoph Lyriz und Johann Christoph Weiß zur „Historia Curiana“, die in den Jahren von 1685 bis 1694 bei Gottfried Mintzel gedruckt worden waren, der lokalen Geschichtsschreibung und dem Prestige des Hofer Gymnasiums als einer herausragenden regionalen Bildungsstätte.[viii] Bezeichnender Weise waren sie von ihren Autoren an „die Ersten der Stadt Hof und an alle Gebildeten“ sowie an „alle Gönner der Wissenschaften“ gerichtet, an ortsansässige, illustre Kreis also.[ix] Darüber hinaus konnte nur mit einem geringen Absatz der Druckwerke gerechnet werden. Einige Exemplare wurden wahrscheinlich auf den Leipziger Messen feilgeboten. Mit dem Verkauf auf dem kleinen „Bedarfsmarkt“ sollten die Druck- und Herstellungskosten gedeckt und darüber hinaus ein bescheidener Ertrag gewonnen werden. Eine Druckerfamilie hatte damit ein hinlängliches Auskommen, für eine zweite reichte es nicht aus. Für die lokale und engere regionale Bedarfsdeckung genügte, wie die Beispiele zeigen, eine Druckerei.

Die Buchdruckerfamilie Mintzel lebte bis Mitte des 18. Jahrhunderts zwar nicht in ärmlichen Verhältnissen, sie musste aber doch ein bescheidenes Leben führen. Sie wohnte von 1642 bis 1760/61immerhin in ihrem eigenen Haus in der Ersten Gasse nahe am Oberen Tor, in der heutigen Ludwigstraße 85.

Beispiel 2: Die ruinöse Konkurrenz Mintzel/Schultze bzw. Hetschel/Schultze,1733 – 1741

Nach dem Ableben Johann Christoph Mintzels (1676 – 1733), der in der Generationsfolge der Hofer Druckerdynastie Mintzel der dritte Drucker gewesen war, kam es von 1733 bis 1741 erneut zu einer hoch dramatischen und wiederum für beide Konkurrenzparteien existenziell bedrohlichen Situation. Zwischen 1733 und 1741 spielte sich ein gewerblicher Existenzkampf auf Gedeih und Verderb ab. Kaum war der verstorbene Buchdrucker Johann Christoph Mintzel im Juni 1733 auf dem Sankt Lorenzfriedhof begraben worden, da fand sich schon Anfang Juli 1733 beim Magistrat der Stadt Hof ein Buchdrucker aus Schneeberg/Sachsen ein und übergab unter dem Datum des 3. Juli 1733 sein Gesuch, in Hof eine eigene Druckerei eröffnen zu dürfen. Es war der Buchdrucker Johann Ernst Schultze (1704 – ?), ein gebürtiger Dresdner,[x] der anscheinend über die neue Situation in Hof gut informiert und beraten gewesen sein muss. Mintzel hatte vier noch unmündige Kinder hinterlassen, darunter zwei minderjährige Söhne, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Lage gewesen waren, die Druckerei weiterzuführen.[xi] Schultze hatte sich anscheinend gute Chancen ausgerechnet die Mintzelsche Druckerei sich aneignen und mit seiner mitgebrachten zu einem größeren Betrieb vereinen zu können. Er erwarb die seit 1729 verwaiste Druckerei des verstorbenen Martius[xii] und strebte in Hof unverkennbar eine Monopolstellung an. Die überlieferten Quellen lassen keinen Zweifel zu, Schultze setzte alles daran, in Hof zum alleinigen Druckerverleger aufzusteigen. Verständlicherweise war der kleine Kreis der akademischen und gewerblichen Oberschicht der Stadt Hof daran interessiert, möglichst bald wieder einen Drucker am Ort zu haben. Die Interessen beider Seiten kamen sich entgegen.

Schultze betonte in seinem Gesuch, er, ein Bürger Schneebergs und dort etablierter Buchdruckerherr, habe keinen Grund, den Ort zu wechseln. Aber unter gewissen Bedingungen wäre für ihn eine Niederlassung in Hof vorteilhaft. Auch die Stadt Hof hätte von seiner großen Druckerei viel Nutzen, denn er brächte zahlreiche ausländische Aufträge mit und somit ausländisches Geld herein. Er habe insbesondere einen Großauftrag aus Halle, der seine Pressen für längere Zeit auslaste. Er beschäftige zwanzig Gesellen und fünf Lehrlinge. Was er zunächst nur andeutete, um sein Gesuch interessant zu machen, legte er dann offen: Es handle sich um das „das ieziger Zeit größte gelehrte opus nehmlich das sogenannte Universal-Lexikon in 26. folianten stehend“, das er „pro parte zu drucken unter Händen habe.“ Schultze machte sein Gesuch mit beredten Worten schmackhaft, kehrte durch viele lateinische Wendungen sein „gebildetes Handwerk“ hervor und gerierte sich wie ein erfolgreicher Großunternehmer. Er trat selbstbewusst auf und ging zielstrebig aufs Ganze. Er unterstellte in seinem Gesuch, das Mintzelsche Druckereiprivileg sei mit dem Ableben des alten Druckers Mintzel erloschen. Es könne nun einem Bewerber, nämlich ihm, ein neues Privileg gewährt werden. Schultze bedingte sich aus, außer seiner Buchdruckerei dürfe „keine andere künfftighin in Hof […] errichthet“ werden. Ihm müsse folglich das jus prohibendi [das Recht des Verbietens] erteilt werden. Er forderte zudem, dass ihm die ehemaligen Steuerprivilegien der Mintzels übertragen werden. Das Gesuch zeigte einen Bewerber, der genaue Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse hatte und sich ziemlich sicher wähnte, unter vorteilhaften Bedingungen nach Hof berufen zu werden. Am Ende seines Gesuches gab sich Schultze noch gönnerisch. Er erbot sich, der Witwe Mintzel, es war Anna Regina Mintzel (1698 – 1765), damit ihr kein Übel geschehe, ihre Offizin zum Schätzpreis abzukaufen. Seine Absichten waren klar und unmissverständlich. Er wollte den endgültigen Untergang der Mintzelschen Buchdruckerei herbeiführen und in den alleinigen Genuss des Hofer Druckereiprivilegs kommen.

Kenner der damaligen Verhältnisse erraten unschwer, wer hinter dem selbstbewussten Auftritt Schultzes stand. Es war der Rektor des Hofer Gymnasiums, nämlich Paul Daniel Longolius (1704 – 1779), der seit 1735 die Rektorenstelle innehatte. Bevor ich aber auf dessen Rolle zu sprechen komme, muss ich Anna Regina Mintzels couragierte Abwehr der, wie wir heutzutage sagen, „feindlichen Übernahme“ ihrer Offizin schildern. Ich muss mich kurz fassen. Anna Regina Mintzel wehrte sich entschieden und tapfer gegen die Absichten Schultzes und seiner einflussreichen Helfer und Befürworter. Sie durchkreuzte deren Pläne mit einem lebensklugen Schachzug. Sie wollte unter allen Umständen die Mintzelsche Druckerei fortführen und dachte zunächst daran, sie zu verpachten.[xiii] Dann ergab sich unverhofft, wie das Leben so spielt, eine andere Situation.

Mit Schultze war aus Schneeberg der Druckergeselle Johann Andreas Hetschel (1707-1791) nach Hof gekommen, um dort mit Schultze sein Glück zu finden. Neben dem offiziellen Schauplatz der Verhandlungen, die im Rathaus stattfanden, ergab sich situativ und im Stillen noch ein zweiter, ganz privater. Der junge Hetschel erkannte anscheinend rasch, dass in der Hofer Druckereisituation und bei den gegebenen Verhältnissen der Druckerfamilie Mintzel noch eine andere, für ihn womöglich günstigere Chance gegeben sein könnte. Die Witwe Mintzel, die im 34. Lebensjahr stand[xiv], brauchte für sich und ihre Kinder einen Ernährer und wollte zu diesem Zweck die Druckerei fortführen.[xv] Der Druckergeselle, erst 25 Jahre alt[xvi], sah, wie energisch sich Anna Regina Mintzel gegen die Absichten Schultzes wandte. Lag es da nicht nahe, sich mit ihr zu verbünden? Bot sich ihm nicht gar eine günstige Gelegenheit zur Einheirat? Hetschel ergriff die Initiative und diente sich der Witwe als Helfer und Faktor an.

Die Witwe fand Gefallen an ihm und machte ihn zum Betriebsleiter ihrer Offizin. Witwe und Faktor, zunächst noch unverheiratet, fanden sich nicht nur geschäftlich, sondern auch im Bett und betrieben nach damaligen Konventionen und kirchlichen Vorschriften „Unzucht“. Das mag das geschäftliche Bündnis obendrein bestärkt haben. Beide unternahmen nun alles, eine „feindliche Übernahme“ zu verhindern und fanden auch im Stadtmagistrat Fürsprecher. [xvii]

Der langwierige Streit lief 1734 am Ende darauf hinaus, dass beide Parteien ihre Forderungen zurückstecken mussten. Schultze erhielt für seine Druckerei, die er inzwischen nach Hof überführt hatte, die gewünschte Konzession und Steuerbefreiung.[xviii] Zur Versorgung seines Haushalts, und dazu zählte sein vielköpfiges Druckereipersonal, gestand die Bayreuther Regierung Schultze sogar zu, jährlich zwei Rinder und vier Schweine ohne Aufschlag (Steuer) schlachten lassen zu können und ein ganzes Gebräu Bier Hofes Maßes (15 Eimer Bier zu je 64 Maß) ohne Zahlung einer Biersteuer brauen zu dürfen.[xix] Schultze musste sich jedoch damit einverstanden erklären, dass der Mintzel – Hetschelsche Betrieb, der das alte Mintzelsche Privileg aus dem Jahr 1645 verlor, weiter existiert und berechtigt sei, alle Schriften aus dem Gymnasium zu drucken. Mit diesen obrigkeitlichen Entscheidungen bahnte sich wiederum eine unheilvolle Entwicklung an. Es war von oben eine ungleiche „Arbeitsteilung“ verfügt worden, die der geschäftlich waghalsige Schultze zunächst zu seinen Gunsten entscheiden konnte. Dennoch ging seine Rechnung nicht auf. Johann Andreas Hetschel und Anna Regina Mintzel heirateten Mitte Oktober 1734, Reginas Schwangerschaft war nicht mehr zu verbergen.[xx] Vier Monate später kam das Kind zur Welt.[xxi] Das Ehepaar ging schweren, entbehrungsreichen Jahren entgegen. Von den schmalen Einkünften aus dem Druck von Schriften aus dem Gymnasium allein konnte eine kinderreiche Familie nicht ernährt werden. Die Lehrer zählten selbst zu den am schlechtesten bezahlten in der Markgrafschaft.[xxii]

Ein treibender und eigennütziger Befürworter der Niederlassung Schultzes in Hof war ohne Zweifel Longolius, der Rektor des Hofer Gymnasiums. Der Verleger Johann Heinrich Zedler (1706.-.1763)[xxiii], der sich vorgenommen hatte, neben der Encyclopedie Diderots und -da´Alemberts[xxiv] das größte Lexikon aller Zeiten herauszubringen, hatte den Altphilologen Longolius für die Kompilation und Redaktion der Bände 17 und 18 gewinnen können. Der ehrgeizige und Ruhm beflissene Longolius war für seine stupende Gelehrsamkeit, seinen außerordentlichen Fleiß und für seine „Vielschreiberei“ (Ludwig Philipp von Weitershausen) bekannt gewesen. Das Verlagsunternehmen Zedlers war auf seine schriftstellerischen Ambitionen und bunt gewürfelten historischen Interessen und philosophischen Interessenfelder geradezu passgenau zugeschnitten. Also machte sich Longolius bienenfleißig an die Arbeit, sammelte, kompilierte, verfasste, redigierte und schuf in den ihm aufgetragenen Bänden 17 und 18 Tausende von Lemmata-Waben und füllte sie mit dem Honig seiner literarischen Ausflüge. Er setzte seinen ganzen Ehrgeiz und seine unermüdliche Schaffenskraft daran, zu diesem Großunternehmen des Wissens beizutragen und sich hierdurch selbst ein Denkmal zu setzen. Die Stadt Hof und ihre lokale Geschichtsschreibung sind noch heute stolz auf diese Leistung und heben den Hofer Anteil am „Zedler“ mit Genugtuung hervor. Longolius schloss in der Tat mit seiner Beteiligung das kleine markgräfliche Hof an die allgemeine deutsche und europäische Kulturgeschichte an. Es ist dem Longolius also gar nicht zu verdenken, dass er den von Zedler mit dem Druck von Bänden beauftragten Schneeberger Buchdrucker Schultze gleich am Ort haben wollte. Das erleichterte die unabdingbare enge Zusammenarbeit. Der kleine Mintzelsche Druckereibetrieb wäre wahrscheinlich mit der Drucklegung eines solchen grandiosen Werkes überfordert gewesen, zumal nach dem Ableben Johann Christoph Mintzels. Die Handlungsstrategie und Parteinahme Longolius´ waren in dieser Hinsicht sicher realistisch.

Die Zusammenarbeit von Rektor und Buchdrucker führte zu einer merkwürdigen Komplizenschaft, die bis heute so gut wie unbekannt geblieben und noch nicht ganz aufgeklärt ist. Der ambitionierte Longolius und der sich als Großunternehmer gerierende Schultze machten sich jedenfalls temporäre Schwierigkeiten des Verlegers Zedler zu Nutze und publizierten die Bände 17 und 18 auf eigene Faust als Hofer Produkte. Zedler hatte bis 1738 in Sachsen nicht drucken lassen dürfen. Schultze ergriff die Gelegenheit und brachte die beiden Bände ohne Wissen und Zustimmung Zedlers unter eigenem Namen heraus: Im Titelblatt stand zu lesen: „Hof im Voigtlande, Gedruckt und verlegt von Johann Ernst Schultzen. Im Jahr 1738“. Auf den Titelseiten erschien nicht einmal der Name Zedler. Schultze hatte Druck und Verlag buchstäblich an sich gerissen. Longolius war, so dürfen wir annehmen, zumindest Mitwisser, wenn nicht gar stillschweigend am Coup beteiligt. Die Hofer lokale Geschichtsschreibung sagt dazu, es habe nur eine Missstimmung zwischen Zedler und Longolius gegeben. Nein! Zedler reagierte wütend auf diese Art des Raubdrucks und auf die skrupellose Usurpation der Verlegerrolle. In seiner zornigen Vorrede zum 19. Band prangerte Zedler die „unzehligen Druckfehler“ der Hofer Edition an. Schlug er den Sack und meinte den Esel? Longolius hatte sich immer seiner fleißigen und akkuraten Korrekturarbeiten gerühmt. Griff also Zedler in seiner Philippika indirekt auch Longolius an? Zedler beendete jedenfalls seine Zusammenarbeit mit dem Hofer Rektor im Krach. Und an Schultze ließ er kein gutes Haar. Schultze, so gab er in seiner Vorrede zum 19. Band Käufern und Lesern bekannt, wolle, den Verlag des XVII und der folgenden Theile an sich […] reissen“ und ihn um seinen Profit bringen. Er warnte: „Diejehnigen, welche aber sich aber durch die von […] Schultzen ausgestreuten gedruckten Unwahrheiten die Augen blenden lassen sollten, werden zu rechter zeit zu ihrem Schaden […] nicht allein unvollkommene, fehlerhafft gedruckte und verstümmelte Theile erhalten:“. Sie, die Bezieher und Käufer der Edition des Schultze würden spätestens dann ihren Nachteil und Schaden erkennen, „wenn […] Schultze so entkräftet seyn wird, dass er die übrigen Theile zu liefern nicht mehr im Stande seyn wird.“ Das werde schon bald eintreten, „da er eine grosse Schulden=Last auf dem Hals hat […]“ Zedler schätzte die Geschäftslage Schultzes richtig ein. Er sollte Recht behalten. Zur Entlastung Schultzes muss allerdings eingeräumt werden, dass damals zum Ärgernis von Verlegern und Autoren Raubdruckerei noch gang und gäbe war. Insofern hatte Schultze mit einer weit verbreiteten Praxis Geld verdienen wollen.

Der unermüdliche und initiativreiche Longolius wollte aus dem Hofer Gymnasium wieder eine Bildungsstätte von hohem Rang machen und spannte für seine ehrgeizigen Pläne und vielen Schriften die am Ort tätigen Drucker, Buchhändler und Freunde des Gymnasiums ein. Allerdings führten seine Initiativen und Druckaufträge, was die geschäftliche Seite anbelangt, zu überspannten Hoffnungen. Einerseits ist es erstaunlich, was die sehr kleinen Kreise gebildeter und beamteter Stadtbürger in diesem Ackerbaustädtchen an geistigen Gütern hervorbrachten. Andererseits weist diese ruinöse Überproduktion dickleibiger Bücher auf eine künstlich überhitzte Auftragslage hin. In Hof lebten keine reich begüterten Patrizier[xxv] und große Handelsherren wie in Augsburg, Nürnberg oder Leipzig. Wer sollten die Abnehmer der gedruckten Werke sein? Wer die Leser? Schultze musste, und das galt auch für den Drucker Hetschel, die Kosten für das teuere Papier vorschießen. Die Papierkosten machten den Hauptteil der Produktionskosten aus. Sie wurden Schultze zum Verhängnis. Longolius trug höchstwahrscheinlich mit seinem Publikationseifer indirekt zu den Zahlungsschwierigkeiten und zum Ruin seines Proteges bei. Der Rektor hatte, und dies durchaus eigennützig, für Druckaufträge gesorgt und selbst viele erteilt, doch nicht den Absatz garantieren können. Er war ein ehrgeiziger, rühriger Gelehrter und Lehrer, aber kein Geschäftsmann. Wir können in Longolius durchaus das Paradebeispiel eines Autors sehen, der als Professor und Rektor des Hofer Gymnasiums zwar ein kleines, aber sicheres Einkommen hatte und ideelle Zwecke verfolgte, jedoch nicht in betriebswirtschaftlichen Kategorien dachte und handelte.

In der Zeit um 1740/41 spitzte sich die schlechte Geschäftslage der Offizin Schultzes zu. Die Schuldenlast, die Überkapazität an Druckereipersonal und eine viel zu optimistische Einschätzung der Lage auf dem kleinen Hofer und markgräflichen Büchermarkt führten in

eine geschäftliche Katastrophe. Schultze hatte seinen Druckereibetrieb viel zu groß aufgezogen und übermäßig mit Produktionsmitteln ausgestattet. Zahlungsunfähigkeit war die Folge. 1741 war er am Ende. Er schuldete seinen Gläubigern „viele Tausend Gulden“ und wurde außerdem zu 500 fl. Strafe verurteilt[xxvi] Nach einem großspurigen Anfang ein unrühmlicher Abgang. Er verließ quasi über Nacht Hof und musste seine Druckerei als Pfand zurücklassen.[xxvii] Sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Hetschel nahm den Bankrot Schultzens zum Anlass, die alten Mintzelschen Privilegien von neuem regierungsamtlich bestätigen zu lassen. Am 12. Juli 1741 schrieb er an die Bayreuther Obrigkeit: Ich finde nöthig, ja mich genöthiget, occassione der mit des Schulzens falliment eingegangenen Buchdruckerey bey Serenissimo um die Confirmation der meiner Buchdruckerey vor alten Zeiten ertheilten Hochfürstl. genädigste Privilegien, zugleich aber auch gnädigtse Concession des juris prohibendi unterthänigst anzulangen“[zu bemühen – A.M.].[xxviii]. Der Hofer Stadtrat wartete aber erst einmal ab, was mit der Schultzeschen Druckerei geschehen werde. Die Gläubiger sollten aus dem Erlös des Verkaufes zumindest teilweise entschädigt werden.

Der Bürgermeister und der Stadtrat von Hof berichteten in ihrem Schreiben vom 29. März 1743 an die markgräfliche Regierung, was sich seit 1733 in der Hofer Druckereibranche ereignet hatte, insbesondere über den Konkurs des Schultze und seine Folgen.[xxix] Bürgermeister und Stadtrat bezichtigten Schultze, seine Versprechungen, „frembde Arbeit ins Land zu ziehen und der Stadt ein starckes Consumtions-Interesse zuzuwenden“, nicht eingelöst habe. Schultze sei an dem „zum Verlag übernommenen Universal-Lexicons unglücklich“ geworden.[xxx] Die Stadtobrigkeit hatte offenbar kein klares Wissen über die Usurpation der Verlegerrolle. Etwas verblümt gestanden Bürgermeister und Stadtrat ein, 1733/34 gutgläubig auf die Versprechungen Schultzes hereingefallen zu sein. Sie legten aber auch den tieferen Grund der Misere dar, indem sie auf das „eherne Gesetz“ verwiesen: „Dabey findet ein Buchdrucker endlich noch dürftiges Brod. Wird aber die Zahl verdoppelt, so ruiniret einer den anderen, wie das Exempel gegenwärtig am Tage ist“[xxxi] In ihrem Schreiben empfahlen die Stadtoberen der markgräflichen Regierung, Hetschel wieder die alten Mintzelschen Privilegien zu gewähren und sicher zu stellen, dass fortan wieder nur eine Druckerei in Betrieb ist.

Der weitere Gang der Verhandlungen führte 1746 zum Verkauf des Mintzel-Hetschelschen Druckerei an das Hofer Gymnasium. Wiederum scheint Longolius eingegriffen zu haben. Es war wohl sein Vorschlag, die Druckerei für das Gymnasium zu erwerben. Nach dem Stillstand der Druckerei Schultzes war ihm sehr daran gelegen, dass der Mintzel-Hetschelschen wieder zu einem voll funktionsfähigen und gut ausgestatteten Druckereibetrieb hoch gezogen wird. Im Jahre 1746 erwarb das Gymnasium mit Mitteln aus dem Capital der Auerbachschen Stipendienstiftung die Druckerei und behielt sie bis 1800 in ihrem Eigentum. Longolius setzte den bisherigen Eigentümer Hetschel als Pächter ein. Mit der Überführung der kleinen Druckerei in das Eigentum des Gymnasiums hatte Longolius erreicht, wonach er im Grunde gestrebt hatte: nach einer „Hausdruckerei“, die in seinen Diensten stand. Die so genannte Gymnasiumsdruckerei konnte dann schlecht und recht durch die nächsten Jahrzehnte geführt werden. Longolius hatte eines seiner „Lieblingsprojekte“ verwirklichen und sich nach dem kläglichen Scheitern des Schultze, das letztendlich auch sein Scheitern gewesen war, als Retter in der Not ausgeben können. Man lese in „Des Höfischen Gymnasiums Geschichte „(II. Teil) aus dem Jahre 1746 nach, in der Longolius im „Funfzehenden Hauptstücke“ seine Genugtuung ausdrückt, dass ihm die „Aufsicht […] aufgetragen worden“ sei. Der Gelehrte verstand es, seine privaten Interessen immer als allgemeines Interesse darzustellen. In einer Fußnote zum Kapitel „Von der Buchdruckerey“ teilte Longolius mit, dieses Kapitel gäbe einen Vorgeschmack von seiner „zum Drucke fertig liegenden Jahrgeschichte des Buchdruckereiwesens der Brandenburgischen Lande oberhalb Gebürgs“ Das war gelinde gesagt eine mehr als vollmundige Ankündigung. Die Lücken und Mängel des Manuskripts waren noch viel zu groß, um es in Druck gehen lassen zu können. Zu den turbulenten Jahren zwischen 1733 und 1741 trug er wenig nach. Es blieb bei einer trockenen Faktensammlerei ohne analytischen Biss.

Nebenbei bemerkt: Schultzes Druckerei war 1743 „nicht nur in öffentl[ichen] Zeitungen, sondern auch durch öffentlichen Anschlag in Leipzig, Wittenberg und Jena zu jedermanns Wissenschaft [Kenntnis] feilgeboten“ worden. Nach einigem amtlichen Hin und Her – die markgräfliche Regierung gebot abzuwarten, bis der Verkauf erfolgt sei – bestätigte die Bayreuther Behörde noch im Jahre 1743 die alten Mintzelschen Privilegien. Hetschel musste für die neuerliche „Confirmation“ einen Gulden und drei Kreuzer bezahlen. Die stillgelegten Pressen Schultzes, die keinen Käufer gefunden hatten, übernahm 1785 der Drucker Johann Georg Aemilius Bergmann aus Jena, worüber weiter unten berichtet wird.

Obschon die Gymnasiumsdruckerei als einziger Betrieb am Ort geschäftlich ruhigeren Zeiten entgegen ging, warf der Betrieb für die Pächterfamilie Hetschel und die verwandten Druckergesellen Mintzel und Mönnich, die in der heutigen Ludwigstraße 85 gemeinsam in engen Verhältnissen wohnten, wenig Gewinn ab. Der Druck von Leichenpredigten, die im 17. und noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein fester Posten im Druckereigeschäft, war allmählich aus der Mode gekommen. Die Barockzeit klang aus. Zur Zeit des Siebenjährigen Krieges stand der Betrieb monatelang still.[xxxii] Gegen Ende des Krieges verschlechterten sich die geschäftlichen und privaten Lebensverhältnisse anscheinend so gravierend, dass das Stammhaus in der Ersten Gasse, in dem die Druckerfamilien Mintzel bis dahin 120 Jahre lang gewohnt hatten, verkauft werden musste. In den Druckerfamilien Hetschel, Mintzel und Mönnich gab es viele kleine hungrige Mäuler zu ernähren. Schmalhans war Küchenmeister. Die Druckerfamilien hatten vor dem Oberen Tor höchstwahrscheinlich einen Kräutergarten, in dem Gemüse gezogen wurde. Im Innenhof des Wohnhauses wurden Federvieh und vielleicht auch ein Schwein gehalten. Zum normalen Hofer Haushalt gehörten Viehstall und Düngerstätte im engen Innenhof. Der Grundbedarf an Nahrungsmittel wurde zu einem Teil durch Eigenanbau und Kleinviehhaltung gedeckt.

Ich mache wiederum einen Zeitsprung und komme zum dritten Beispiel des „ehernen Gesetzes“. In den Jahren von 1785 bis 1800 erlebte die Gymnasiumsdruckerei einen kläglichen Niedergang. Wieder war es die Zulassung einer zweiten Druckerei, die dem Niedergang Vorschub leistete und ihn beschleunigte.

Beispiel 3: Die Konkurrenzsituation Gottlob Schönert / Georg Aemilius Bergmann, 1785 – 1800

Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts waren im Hofer Verlagswesen und Buchhandel im Zeichen der Aufklärung neue Entwicklungen in Gang gekommen, die auf die Auftragslage zurückwirkten und neue Anforderungen an die einzige Druckerei am Ort mit sich brachten. Nach 1775 nahm an allen Druckorten der Markgrafschaft die Gesamtproduktion von Verlagswerken zu und erlebte um 1785/86 einen ersten Höhenpunkt. Allerdings gerieten die Verlagsorte Bayreuth und Hof gegenüber der Universitätsstadt Erlangen ins Hintertreffen.[xxxiii] In lateinischer Sprache verfasste Werke nahmen rapid ab. Die überkommene evangelisch-lutherische Erbauungsliteratur wich deutschsprachiger Unterhaltungs- und diverser Fachliteratur. Philipp Ludwig von Weitershausen (1727 – 1795), von 1761 bis 1795 Landeshauptmann der Hauptmannschaft Hof,[xxxiv] verfolgte seit 1770 ein anspruchvolles Zeitungsprojekt, das „Höfer Intelligenz-Blatt“. Die Veränderungen der Verhältnisse waren für die Gymnasiumsdruckerei, die Hetschel bis 1785 führte und in diesem Jahr an seinen Schwiegersohn Christian Gottlob Schönert (1732 – 1811) übergab, nicht günstig. Mehrere widrige Faktoren brachten Bewegung in die bisherigen Verhältnisse und beschleunigten den Niedergang der Gymnasiumsdruckerei.

Im Jahre 1778 wurde ihr Förderer, der Rektor Longolius, emeritiert. Mit ihm verlor die in das Gymnasium eingegliederte Druckerei ihren produktivsten Autor, Auftraggeber, Korrektor und Zensor. Hetschel feierte 1778 seinen 71. Geburtstag. Er war gebrechlich geworden und hatte schon seit einigen Jahren seinem Stiefenkel, dem Druckergesellen Johann Georg Mintzel (1753 – 1790), die schwere Arbeit an der Presse überlassen müssen. Georg, der von 1767 bis 1778 in der Werkstatt seines Stiefgroßvaters gearbeitet hatte, wanderte 1778 von Hof ab.[xxxv] Hetschel musste neue Gesellen unter Vertrag nehmen. Nachfolger im Amt des Rektors wurde 1778 Magister Georg Wilhelm Kirsch (1752 – 1829). Der Wechsel im Rektorat brachte eine neue Interessenlage mit sich. Der junge Kirsch, der bei seinem Amtsantritt gerade einmal 26 Jahre geworden war, hatte eine Vorliebe für orientalische Sprachen und richtete für seine Publikationen in syrischer Sprache bei sich zu Hause eine Spezialdruckerei ein. An der Gymnasiumsdruckerei verlor er, abgesehen von den amtlichen Pflichtdrucken, anscheinend sein Interesse. Das Gymnasium hatte an Prestige eingebüßt und litt an einem erheblichen Schülerschwund.

Auch im Hofer Buchhandel trat eine personelle Zäsur ein. Der alte Hofer Verlagsbuchhändler Johann Gottlieb Vierling verstarb im Januar 1782. Der markgräfliche Regierungsadvokat[xxxvi] und Kommerzienrat Carl Johann Albrecht Meyer kaufte 1783 die Vierlingsche Verlagsbuchhandlung, die er bis zum Jahre 1793 führte. Von Weitershausen unternahm in der neuen Konstellation Anfang 1783 den zweiten Versuch, sein Zeitungsprojekt wieder aufleben zu lassen und gewann Meyer im März 1783 als Herausgeber. Verleger und Herausgeber waren mit der Arbeit der Druckerei Hetschels unzufrieden, sie monierten Druckqualität und Säumnisse und wollten die Herstellung des „Höfer Intelligenz-Blattes“ einer neuen Druckerei übergeben. Dem alten Hetschel war anscheinend die Führung der Druckerei entglitten. Die Gesellen schienen die ihnen aufgetragenen Arbeiten, so gab Hetschel zu Protokoll, nicht mehr korrekt und pünktlich durchgeführt und geliefert zu haben.[xxxvii] Es gab innerbetriebliche Hemmnisse, vielleicht sogar geheime Illoyalität gegenüber dem greisen Prinzipal. Der Geselle Johann Georg Aemilius Bergmann, der seit 1782/83 als Erster Setzer bei Hetschel arbeitete, verbündete sich hinter dem Rücken von Hetschel mit Meyer, wobei wohl auch von Weitershausen mit im Spiel gewesen sein dürfte, und reichte am 29. März 1785 beim Landeshauptmann sein Gesuch ein, in Hof eine zweite Druckerei eröffnen zu dürfen. Ohne Unterstützung und vertrauliche Zusagen von Meyer – und „hinter der Hand“ auch vom Landeshauptmann von Weitershausen – hätte es der Setzergeselle Hetschels wohl nicht gewagt, diesen Schritt zu gehen. Korrespondenzen und Dokumente sprechen dafür, dass es 1785 zu einem Fait accompli kam. Hetschel wurde auf Geheiß der markgräflichen Regierung erst im Juni 1885 über den Vorgang in Kenntnis gesetzt und um eine Stellungnahme gebeten. .

Nachdem die Sache offenkundig geworden war, fand sich ein zweiter Bewerber um die Konzession ein, es war Johann Georg Mintzel. Die Vorentscheidung für Bergmann war jedoch bereits gefallen. Mintzel wurde ausgetrickst. Die markgräfliche Regierung erteilte 1785 Bergmann die erwünschte Konzession. Johann Andreas Hetschel, Johann Georg Mintzel und Christian Gottlob Schönert (1732. – 1811) standen auf der Verliererseite. Gekrängt, verbittert und erschöpft gab Hetschel 1785 auf und übergab die Leitung der Druckerei seinem Schwiegersohn Schönert. Georg Mintzel, der das abgekartete Spiel gegen ihn zu spät erkannt hatte, zerbrach psychisch und physisch und verstarb 1790 in Coburg.[xxxviii]Erst seinem Halbbruder Johann Heinrich Mintzel (1763 – 1840) sollte es glücken, nach Hof zurückzukehren und 1801 die Gymnasiumsdruckerei, also die alte Mintzel-Hetschelsche Offizin, zurück zu kaufen.

Unter dem Pächter Schönert ging es weiter bergab, die Gymnasiumspresse kümmerte dahin. Der Ertrag war äußerst gering. Schönert und seine Frau – das Ehepaar blieb kinderlos – fristeten ein ärmliches Leben. Bergmann setzte sich mit seiner neuen Druckerei durch und grub der Gymnasiumsdruckerei das Wasser ab. Als Johann Theodor Benjamin Helfrecht (1753 – 1819) 1795 Kirsch am Gymnasium im Amt des Rektors ablöste, war das Schicksal der Gymnasiumsdruckerei so gut wie besiegelt. Helfrecht hatte mit der Leitung des Gymnasiums genug Arbeit und Ärger und wollte sich nicht länger auch noch um die akut gefährdete Fortexistenz der Gymnasiumsdruckerei kümmern. Die Bergmannsche Druckerei stellte die örtlichen Bedürfnisse mehr als genug zufrieden. Bergmanns Einkommensverhältnisse erlaubten ihm, in der Judengasse ein Haus zu erwerben und seine Pressen in einem guten Zustand zu halten.

Im Jahr 1800 bot Helfrecht die Hausdruckerei des Gymnasiums zum Verkauf an. Mit dem Verkauf an Johann Heinrich Mintzel und der dadurch entstehenden neuen Konstellation komme ich zum vierten und letzten Beispiel.

Beispiel 4: Konkurrenz Johann Heinrich Mintzel/Johann Georg Aemilius Bergmann, 1801 -1807

Johann Heinrich Mintzel (1763–1840) war in der Generationsfolge der Hofer Druckerdynastie Mintzel der fünfte Druckerherr. Auf seine Lebensgeschichte und auf sein Wirken kann ich hier nicht weiter eingehen. Zum Verständnis des Folgenden sei nur so viel gesagt: Er hatte noch bei Hetschel in Hof sein Handwerk gelernt, war auf Wanderschaft gegangen und von 1786 bis 1799 in Bayreuth als Geselle und Faktor in Friedrich Magnus Schwenters Hofbuchdruckerei tätig gewesen. In den Jahren 1799/1800 trat in seinem Leben unverhofft eine Wende ein. Schwenter verstarb 1799. Dessen Witwe verpachtete ihre Druckerei an einen anderen. In Hof befand sich Bergmann in einem so schlechten Gesundheitszustand, dass er einen Faktor berufen musste. Bergmann litt schwer an der Gicht. Er bot Mintzel um 1799/1800 an, in seinem Druckereibetrieb die Stelle eines Faktors zu übernehmen. Mintzel ergriff die Chance einer Rückkehr nach Hof und trat eben in den Betrieb ein, der dem Niedergang der Gymnasiumsdruckerei Vorschub geleistet hatte. Mintzel stand nun als Faktor des Bergmannschen im Interessengegensatz zu dem Druckereibetrieb, der vormals der Mintzel-Hetschelsche gewesen war. Eine fürwahr verquere Situation. Sie kam aber seinem ureigenen Interesse entgegen. Er hatte immer gehofft und danach getrachtet, eines Tages die vormals Mintzel – Hetschelsche Offizin zurück zu kaufen. Als Helfrecht die Gymnasiumsdruckerei zum Kauf anbot, ergriff er die Gelegenheit. Helfrecht ließ ihn unter mehreren Bewerbern zum Zuge kommen, was wohl auch der Tatsache zuzuschreiben ist, dass er und Mintzel Freimaurerbrüder waren.[xxxix] Mintzel erwarb zudem den Zeitungsverlag des ehemaligen „Höfer Intelligenz-Blattes“ und wurde somit 1801 Verleger, Herausgeber und Drucker des „Neuen Höfer-Intelligenz-Blattes“, das am 7. Januar 1802 zum ersten Mal erschien. Was den Druckereibetrieb anbelangt, stand er nun im umgekehrten Interessengegensatz. Er musste sich neben der Bergmannschen Druckerei behaupten, der er als Faktor vorgestanden hatte.

Das „eherne Gesetz“ wurde von neuem wirkmächtig. Bergmanns Druckerei lief relativ gut, Mintzel musste sich anfangs mit der Drucklegung von Schriften aus dem Gymnasium und seinem Umkreis begnügen und firmierte zunächst in Abgrenzung zu Bergmann und in Anlehnung an die alte Bindung an das Hofer Gymnasium als „Gymnasiumsdrucker“. Mit seinem „Neuen Höfer Intelligenz-Blatt“ setzte Mintzel die wenig erfolgreichen Bemühungen des 1795 verstorbenen Landeshauptmannes von Weitershausen fort. Schon von Weitershausen hatte aus dem Zeitungsunternehmen wegen fehlender Akzeptanz bei den Hofer Stadtbürgern und in der umliegenden Landeshauptmannschaft nur wenig Gewinn gezogen. Der Regierungsbeamte hatte sich das Blatt, angetrieben von einem missionarischen Geist der Aufklärung, etwas kosten lassen. Mintzel, ebenfalls Ideen der Aufklärung zugeneigt, ging erst recht ein hohes unternehmerisches Risiko ein. Er bezog kein Salär aus einer amtlichen Position. Auch er konnte seine Kosten mit dem Abonnement und freien Verkauf der viel zu kleinen Auflage kaum decken. In den Jahren 1811/12 wandelte er sein Intelligenzblatt in ein literarisches Unterhaltungsblatt in der Hoffnung um, damit neue Abonnenten und Leser gewinnen zu können. Die „Höfer litterarische Zeitung zur Belehrung und Unterhaltung“ wurde zu einem niederschmetternden Misserfolg, dessen Kosten er allein tragen musste. Das Blatt fand zu wenig Anklang beim Hofer Lesepublikum. Mintzel kehrte mit Beginn des Jahres 1813 wieder zum Typus des Intelligenzblattes zurück. Sein Misserfolg war allerdings, überschaut man die Gesamtentwicklung des Pressewesens der damaligen Zeit, keine spezifisch Hofer Besonderheit, geschweige denn Folge eines persönlichen unternehmerischen Versagens. Damals gingen viele literarische Zeitungen wieder ein, während politische gemeinnützige Zeitungen und Zeitschriften eine höhere Überlebenschance hatten.[xl] Die Aktualität spielte im Vergleich mit dem heutigen Verständnis eine untergeordnete Rolle.[xli] Erst bei einer gesicherten Auflage von etwa fünfhundert Exemplaren dürfte die Gewinnzone begonnen haben. Eine so hohe Auflage hätte in der Ackerbaustadt Hof, die damals rund 6.000 Einwohner zählte[xlii], selbst unter besten Bedingungen nicht erreicht werden können. Mintzel hätte für sein literarisches Zeitungsunternehmen etwa ein Zwölftel der Hofer Bürgerschaft als Abnehmer gewinnen müssen. In Hof hatte weder das „Höfer Intelligenz-Blatt“ des Philipp von Weitershausen, noch das „Neue Intelligenz – Blatt“ und die folgende „Höfer Intelligenz- Zeitung“ jemals diese Auflagenhöhe erreicht. Die Auflagen hatten zwischen 180 und 400 Exemplaren geschwankt. Die kleine Hofer Leserschaft zeigte sich nach wie vor sperrig und wollte bestenfalls nur am Rande geschäftlicher und behördlicher Informationen literarisch unterhalten und belehrt werden. Der Bedarf nach einer politischen Zeitung war seit ihrem Wiedererscheinen seit 1810 von der „Bayreuther Zeitung“ auch in Hof abgedeckt.[xliii] Auf dem Zeitungssektor hatte Mintzel mit auswärtiger Konkurrenz zu rechnen. Hofer Leser und Zeitungslesegemeinschaften[xliv] bezogen eine Reihe von auswärtigen Blättern verschiedener Art.

Aber auch in den Bereichen der Akzidenzdruckerei und des eigentlichen Buchdrucks waren die Erträge bescheiden. Von den paar Dutzend Druckaufträge aus dem Gymnasium und seinem Umkreis konnte er seinen Lebensunterhalt und seine Betriebskosten nicht hinreichend bestreiten. Seine geschäftliche Situation verbesserte sich zwar merklich, als sein Konkurrent Aemilius Bergmann 1807 an der Gicht verstarb und dessen Buchdruckerei nach Bayreuth verkauft wurde, aber selbst in der neu gewonnenen Monopolstellung am Ort war im Druckereigewerbe kein großer Gewinn zu erzielen. Mintzel musste Nebenerwerbsquellen erschließen, um über die Runden zu kommen und Rücklagen bilden zu können. Er eröffnete eine Leihbücherei,[xlv] er übernahm die Stelle eines staatlichen bayerischen Lotterieeinnehmers,[xlvi] er machte sein Zeitungscomptoir am Maxplatz 20 zu einem Fundbüro und zu einem Kreditvermittlungsinstitut,[xlvii] er betrieb in seinem Haus gewissermaßen einen Schreibwarenladen, verkaufte Schreibpapier, Federkiele und Schreibfedern.[xlviii] Er verkaufte sogar Likör.[xlix] Außerdem handelte Mintzel mit Altpapier.[l] Er kaufte das so genannte „Stampfpapier“ an und verkaufte es an die Papiermühle weiter. Wahrscheinlich senkte er damit seine Kosten für Druckpapier. Er machte sein Intelligenzblatt mit Inseraten und privaten Mitteilungen mehr und mehr zu einer örtlichen stadtbürgerlichen Kommunikations- und geschäftlichen Vermittlungszentrale. Es erschienen die ersten Stellen- und Suchanzeigen. Für alles nahm er kleine Geldbeträge, Inserat- und Vermittlungsgebühren. Die Auflage des Blattes konnte er allerdings nicht über 300 bis 400 Exemplare steigern. Hof blieb für eine Druckerei und für ein Zeitungsunternehmen noch bis zur 1848er Revolution und darüber hinaus [li]ein karges Geschäftsfeld. In Notzeiten, zum Beispiel in den Jahren von 1816 bis Anfang der 1820er Jahre hatten die Pressen zeitweise still gestanden. Es war zum verzweifeln.

Aus dem „ Neuen Höfer Intelligenz-Blatt“, das seit 1828 unter dem Titel „Wochenblatt der Stadt Hof“ erschien, können wir indirekt nicht nur Näheres über die Lebens- und Einkommensverhältnisse erfahren, sondern auch über die Mühen und den Ärger, die Mintzel mit seinen Nebenerwerbstätigkeiten hatte. Er beklagte sich in Inseraten über säumige Leser, die entliehene Bücher nicht pünktlich oder gar nicht zurückbrächten, und forderte die Entleiher zur unverzüglichen Rückgabe auf.[lii] Anderenfalls würde er sie gerichtlich belangen. Seine wiederholten Aufforderungen zeigten, dass es mit der Entleihermoral nicht gut bestellt gewesen war. Kunden veräußerten die entliehenen Bücher sogar an fahrende Trödler. Die kargen Einnahmen aus diesem Nebengeschäft wurden außerdem von Konkurrenten geschmälert. Aus den Inseraten Mintzels erfahren wir schließlich auch etwas über seine lebensnotwendige Viehhaltung

Während der großen Brandkatastrophe am 4. September 1823 und in den Tagen danach ereigneten sich auch komische und groteske Vorfälle. Am 20. September 1823 rückte Mintzel in sein Intelligenzblatt, das an diesem Tage zum ersten Mal wieder erschien, eine Verlustanzeige ein. Sie hatte folgenden Wortlaut: „Denjenigen Einwohner hiesiger Stadt und Umgegend, dem etwa mein Schwein zugelaufen ist und solches eingestellt hat, bitte ich hierdurch höflichst mich davon in Kenntniß zu setzen; es ist weiß und glatthaarig und hat einen Tröller. Auch bitte ich die Wittwe W. mir meine 2 Gänse wieder zu bringen, damit ich solche nicht darf holen lassen. [gez.] Mintzel. Buchdrucker“. Das Inserat zeigt einmal mehr den damals noch vorherrschenden Charakter Hofs als einer Ackerbaustadt. Viele Einwohner hielten wie eh und je zu ihrem Lebensunterhalt in den Hinter- und Innenhöfen ihrer Häuser und draußen vor den Toren in Scheunen und Ställen Schlachtvieh und Geflügel. So auch die Buchdruckerfamilie Mintzel. Ich konnte bisher nicht herausfinden, was an einem Schwein der „Tröller“ ist, an dem man es von anderen Schweinen soll unterscheiden können. Auch ein Blick in Grimms Wörterbuch brachte nicht die erwünschte Auskunft.

III. Arme Drucker – reiche Drucker?: Schlussbetrachtungen

Die Beispiele zeigen anschaulich, dass idealisierende Vorstellungen vom „gebildeten Handwerk“ der Buchherstellung und des Buchvertriebes auf die damalige Wirklichkeit in diesen Hofer Erwerbszweigen wenig zutreffen. Die Annahme, wer damals in Hof des Drucker- oder Setzerhandwerk oder beides erlernt hatte, habe eine gute berufliche Zukunft und werde viel Geld verdienen, ist, wenn überhaupt, nur in einem sehr eingeschränkten Maße richtig. Die schön gedruckten Bücher, großartigen Folianten wie die bei Schultze gedruckte Markgrafen-Bibel von 1736 und zum Teil mit gefälligen Holz- und Kupferstichen ausgestatteten Druckwerke jener Zeit, die wir heute so hoch schätzen, entstanden oftmals unter schwierigen und risikoreichen betrieblichen und geschäftlichen Bedingungen. In den fokussierten Erwerbsbranchen hatten das Handwerk und das Verlagswesen keinen „goldenen Boden“. Reichtümer konnten damit nicht erworben werden. Die Lebensführung der Druckerverleger und anderer Berufe, die mit der Herstellung und dem Vertrieb von Druckerzeugnissen zu tun hatten, war bescheiden, der Lebensstil schlicht und einfach. Die Lebensumstände und geschäftlichen Rahmenbedingungen ließen nichts anderes zu, als sparsam und genügsam zu leben und jeden Kreuzer der übrig blieb, auf die hohe Kante zu legen. Die Druckereibesitzer, frühen Zeitungsverleger und Verlagsbuchhändler, die in ihrer Mehrzahl in der Ersten Gasse wohnten und arbeiteten, gehörten der gehobenen städtischen Mittelschicht an. Der Wert ihrer Häuser war niedrig, er lag unter hundert Gulden.[liii]

An Jean Pauls bissiger Kritik, die Hofer läsen keine Bücher, selbst wenn man sie ihnen schenken würde, war sicher etwas Wahres dran. Auch von Weitershausens bittere Klage, sein Zeitungsunternehmen fände bei den verstockten Hofern und Einwohnern der Landeshauptmannschaft zu wenig Abonnenten und Unterstützung, beruhte auf Tatsachen. Die meisten Hofer, auch die schrift- und lesekundigen, waren noch lange altfränkisch-konservativen Denkweisen und Handlungsmaximen verhaftet. Sie fühlten sich in ihrer althergebrachten Lebensweise wohl. Dennoch wurden die Hofer Stadtbürger, zumal die höher gebildeten, etwas zu schnell und zu abfällig als Lesemuffel und wenig wissbegierige Zeitgenossen hingestellt. Die breite Unterschicht konnte sich ohnehin keine Bücher und Zeitungen leisten. Die kleinen gebildeten Kreise – Pfarrer, Advokaten, Gymnasialprofessoren, Sekretäre, Revisoren, Lehrer Diakone und andere – hatten ein jährliches Einkommen von nur 200 bis 300 Talern, zum Teil noch weniger. Im Jahre 1803 erhielt der Rektor des Hofer Gymnasiums jährlich nur 270 Reichstaler an Gehalt und dazu Zuwendungen in Form von Naturalien im Wert von 71 Reichstalern.[liv] Die übrigen Lehrer mussten sich mit noch weniger Salär begnügen. Von dem niedrigen Einkommen blieb nur wenig übrig für einen Buchkauf oder gar für die Drucklegung eigener Werke.IV In der spöttischen Kritik an den Hofer Lesemuffeln und an ihrer spießigen Genügsamkeit und Ignoranz lag ein Schuss elitären Hochmuts. Jean Paul bereute später ein wenig seine Bissigkeit.

Ich mache einen letzten Zeitsprung von 1840 bis ins ausgehende 19. Jahrhundert, einen Zeitsprung ins Industriezeitalter. Das „eherne Gesetz“, wonach nur eine Druckerei am Ort wirklich florieren konnte, war bis zum  Jahre 1895 wirksam Aschaffenburg. Dem Buchdrucker  Rudolph Günther, der 1867 aus Aschaffenburg nach Hof gekommen war und hier eine zweite  Druckerei eröffnet hatte, war unter den obwaltenden  Rahmenbedingungen noch kein dauerhafter Erfolg beschieden. Er war gegen die Mintzel´sche Buchdruckerei und ihrem Zeitungsverlag nicht aufgekommen und 1870 nach Selb ausgewichen. Erst im jahre 1895 gelang es dem Druckmaschinisten Hans Kleemeier (1862 – 1943) mit seinem neugegründeten Druckereibetrieb und seinem kleinen Verlag das Monopol der Mintzel´schen Buchdruckerei zu brechen und dauerhaft zu einem ernsthaften Konkurrenten zu werden. Industriegesellschaftliche, demografische, politische, staatliche Entwicklungen setzten das eherne Gesetz außer Kraft. Die Einwohnerschaft der jungen Industriestadt Hof wuchs rasch und geradezu explosiv von 8.108 (1841) auf 16.010 (1871) und dann bis 1900 auf das Doppelte an.IVI  Das Zeitalter der Schwarzen Kunst ging in den 1860er Jahren endgültig zu Ende. Die alten Holzpressen wurden zerkleinert und verbrannt.

Ein Spaziergang über den Maxplatz zum zweiten Stammhaus der Mintzel´schen Buchdruckerei und ihres Zeitungsverlages am Maxplatz Nr. 20 und von dort hinauf zum Oberen Torplatz 1 lässt uns den großen Wandel an den Gebäuden ablesen: Am Maxplatz das nüchtern-schlichte Druck- und Wohnhaus aus vorindustrieller Zeit, am Oberen Torplatz das 1893 errichtete´Druck-, Verlags- und Wohnhaus der Buchdruckereibesitzer und Zeitungsverleger Hoermann im neudeutschen Renaissancestil! Gewerblicher Reichtum und betuchte wirtschaftsbürgerliche Lebensverhältnisse wurden erst im Kaiserreich durch die industriemaschinelle Produktion ermöglicht.

Anmerkungen

1  Der vorliegende Beitrag bringt knapp und prägnant zusammengefasste Ausschnitte aus meinem zweibändigen Werk „Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie. Die Buchdruckerei Mintzel und ihr Zeitungsverlag. Ein Familienunternehmen in fünf Jahrhunderten“. Berlin: Duncker & Humblot 2011. Dort können en detail viele einschlägige Belege abgerufen werden. Anmerkungen zu diesem Beitrag enthalten allerdings Ergänzungen, Präzisierungen und Korrekturen.

2 Trautmann, 1979: Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Stadt Hof von Anbeginn bis zur Gegenwart, Teil 1: Die Zeit bis zur Eingliederung in das Königreich Bayern, S. 208ff.

3  Zu dieser Nebentätigkeit der Verlagsbuchhändler Vierling und Grau siehe Mintzel, 2011: Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie Bd. II, S. 707.

4  In diesem Punkt muss ich meine Ausführungen in „Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie“, Bd. I, S. 514 korrigieren und präzisieren. Nicht Johann Heinrich Mintzel gründete und führte die erste Leihbücherei in Hof, sondern der Verlagsbuchhändler Vierling.

5  Der Verlagsbuchhändler Gottfried Adolph Grau trat als Agent der „Lebensversicherungsbank für Deutschland in Gotha“ auf und machte auf diese Geschäftstätigkeit wiederholt in Inseraten aufmerksam. Siehe Wochen-Blatt der Stadt Hof Nr.36 vom 05.09.1829, S. 180; Nr. 39 vom 25.09.1930, S.182, Nr. 41 vom 08.10.1831, S. 189; Nr.51 vom 19.12.1835, S. 241.

6  Gründungen von Buchdruckereien in der Markgrafschaft Bayreuth: Kulmbach 1551/52; Bayreuth 1659/60; Neustadt/Aisch 1678; Erlangen 1686; Münchberg 1686; Thurnau 1730; Wunsiedel 1799.

7  Zum Bedarfsdeckungsprinzip versus Gewinnmaximierungsprinzip siehe Dietmar Trautmann, 1979: Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Stadt Hof, S.389. 398, 485.

8   Chronik der Stadt Hof, Band VI. Alte Hofer Stadtbeschreibungen. Herausgegeben von der Stadt Hof 1966.

9   Siehe ebd. S. 75, 125, 163, 190, 264, 276, 283, 297, 314, 321.

10   Geboren am 01. 04. 1704 laut Konzession zur Errichtung einer zweiten Druckerei und Privilegierung des Buchdruckers Johann Ernst Schultze vom 20. Juli 1735. Quelle: Paul Daniel Lonhgolius: Vollständige Geschichte der Buchdruckerey in der Marggräflich-Brandenburg-Culmbachischen Haupt-Stadt Hof [   ]Hof 1741 [ Manuskript; Standort: Archiv des Historischen Vereins für Oberfranken, Bayreuth; Abschrift des Verfassers].

11  Die vier noch unmündigen Kinder waren: (1) Anna Maria Mintzel (II), getauft am 20. 02. 1717 in Hof (am 11.05.1738 Eheschließung mit Johann Adam Mönnich, Buchdruckergeselle und Faktor bei Johann Andreas Hetschel); (2) Anna Margaretha Mintzel, getauft am 29.05.1720 in Hof; (3) Johann Christoph Mintzel, getauft am 02. 06. 1722 in Hof, gestorben am 14. 12 1762 in Bayreuth ( er war der Vater von Johann Heinrich Mintzel, 1763 – 1840); (4) Johann Friedrich Mintzel, getauft am 18. 12. 1724 in Hof (Buchdruckergeselle, er wanderte von Hof mit unbekanntem Ziel ab, wird 1750 im Gesellenbuch der Buchdruckerinnung in Frankfurt/ Main genannt).

12  Schreiben des Bürgermeisters und Rat der Stadt Hof vom 29. März 1743 an den Markgrafen zu Brandenburg-Bayreuth / Buchdruckerei – Angelegenheiten. Staatsarchiv Bamberg, C 7 VIII Nr. 2451 (im Folgenden nach der Registernummer zitiert).

13  Actum Hoff den 28. Augusti 1733: „[…] und die verwittibt Buchdrucker Müntzelin durch ihren Schwager den Kirchner Mayer die Anzeige machen lassen, wie sie gemeynet sey, ihre Buchdruckerey Pächtern: […] zu überlassen .(Originaldokument / Handschrift im Archiv der Firma Mintzel-Druck).

14  Anna Regina Mintzel, geb. Küchler, geboren am 16.09.1798 in Hof, gestorben am 21.01.1765 ebenda. Sie war das fünfte Kind des Hofer Buchbinders Christoph Küchler (1649 – 1710).

15  Einzelheiten über die Familienverhältnisse mit genauen Daten und Belegen siehe bei Alf Mintzel, 2011: Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie, Band I, S. 403 ff.

16  Johann Andreas Hetschel, geboren am 21.12.1707 in Nordhausen, gestorben am 28.01.1791 in Hof an einem Schlaganfall.

17 Einzelheiten zu dem gesamten Vorgang siehe bei Alf Mintzel, 2011: Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie, Band I, S, 403ff.

18  Siehe Anhang, Dokument Nr. 3.

19  Ebenda.

20 Anna Regina Mintzel und Johann Andreas Hetschel verheirateten sich am 17.10.1734 in Hof, Verehelichungsregister Hof 1695 – 1743; 1734/32.

21  Johann Adam Hetschel, geboren am 27.02.1735 in Hof, gestorben am 29.11.1736 ebenda.

22  Siehe Mintzel, 2011: Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie, Bd. I, S. 641, Anm. 61; Mulzer, 1996: Das Gymnasium unter der Regierung der Markgrafen (1546 – 1791),in: Des Höfischen Gymnasiums Jubiläum. 450 Jahre – Jean Paul – Gymnasium Hof Festschrift und Bericht über das Schuljahr 1995/96, S. 51.

23 Der deutsche Verleger Johann Heinrich Zedler, geboren in Breslau am 07.01.1706, gestorben 1763 in Leipzig, gründete in Freiburg eine Buchhandlung, die er später nach Leipzig verlegte. Hier erschienen u. a. eine Ausgabe der deutschen Schriften Martin Luthers (22 Bände), eine „Allgemeine Staats –, Kriegs-, Kirchen und Gelehrten –Chronicke“ (20 Bände, 1733 – 1754) und als berühmtestes Werk das Zedlersche Lexikon: Großes vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste…“ in 64 Bänden und vier Supplementbänden in Halle und Leipzig 1732 – 1754.

24  Encyclopedie ou Dictionnair raisonne des sciences, des arts et des metiers, 28 Bde., 1751 – 72.

25  Dazu Jean Paul : Siebenkäs, Erstes Bändchen, Zweites Kapitel, in: Jean Paul Werke, Bd.3, Hanser Verlag, S.75: „Hingegen [zu den Nürnberger Verhältnissen ] bin ich zu jeder Stunde durch Tauf- und Sterbelisten darzutun erbötig, dass im Reichsmarktflecken Kuhschnappel beinahe nicht mehr Bürger als Patrizier leben, welches um so wunderbarer ist, da die letzten – wegen ihres Hungers – schwer zu leben haben.“

26   Siehe Dokument Nr. 14.

27  In der lokalgeschichtlichen Literatur gibt es widersprüchliche Angaben dazu, was mit der zurückgelassenen Druckerei Schultzes weiterhin geschah. Dietmar Trautmann behauptet, sie sei vom Gymnasium übernommen worden, gibt dafür jedoch keinen Beleg.

28  Siehe Dokument Nr. 5.

29  Schreiben des Bürgermeisters und Rat der Stadt Hof vom 29. März 1743. Staatsarchiv Bamberg, C 7 VIII, Nr. 2451.

30  Ebenda.

31  Ebenda.

32  Siehe Dokument Nr. 14.

33  Mintzel, 2011: Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie, Bd. I, S. 555ff.

34  Johann Nicolaus Prückner, 1999: Synchronistik und Lebensläufe der Lehrer am Hofer Gymnasium von 1502 bis 1817p. 709, Anm. 1; p. 304, Anm. 4.

35  Siehe Dokument Nr. 13   Johann Georg Mintzel absolvierte bei seinem Stiefgroßvater Hetschel von 1767 bis 1772 seine Lehre und arbeitete danach von 1773 bis 1778 als Geselle in der Gymnasiumsdruckerei weiter. Nach der Abwanderung Mintzels aus Hof (um 1778/79) traten andere Gesellen in den Betrieb ein, so der aus Jena stammende Georg Aemilius Bergmann und Christian Gottlob Schönert.

36 Vierling verstarb am 18.011782 in Hof. Meyer führte die Firma unter dem Namen „In der Vierlingschen Buchhandlung“ oder „Im Verlag der Vierlingschen Buchhandlung“ bis 1793 weiter. Mintzel, 1986: Bayreuther und Hofer Kleinverleger des 18. Jahrhunderts und ihre Verlagswerke, in: Archiv für Geschichte von Oberfranken, 66. Bd., S. 106.

37  Siehe Dokument Nr. 14.

38  Einzelheiten und Belege bei Mintzel, 2011: Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie, Bd. I, S. 519ff.

39  Darüber ausführlich Mintzel, 2011: Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie, Bd. II, S. 57ff.

40  Stöber, 2000: Deutsche Pressegeschichte, S.90.

41  Ebd., S.85 u. 92.

42  Im Jahre 1808 zählte Hof 5.899 Einwohner, davon 2.912 männliche und 2.987 weiblich. Trautmann, 1979: Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Stadt Hof, Teil 1, S.115.

43  Siehe hierzu Engelbrecht: „Das Neueste aus Bayreuth“, S. 133f; R. Hoermann, 1938: Der Hofer Anzeiger, S. 40.

44 Es war damals aus Gründen der Kostenersparnis üblich, sich zu Zeitungslesegemeinschaften zusammenzuschließen und gemeinsam ein auswärtiges Blatt, zum Beispiel den „Dresdner Anzeiger“, zu abonnieren. Siehe  Höfer Intelligenz- Zeitung Nr. 14 vom 07. 04. 1810.

45  Siehe zum Beispiel Hofer Intelligenz-Zeitung Nr.38 vom 20. 09. 1817, S. 154; Nr. 50  vom 13.12.1817, S. 202; Nr.1 vom 01.01.1820, S. 2; Wochen-Blatt der Stadt Hof vom 10.01.1829, S. 3.

46  Siehe zum Beispiel Intelligenz-Blatt der Stadt Hof Nr. 42 vom 16. 10. 1824, S. 198; Wochen-Blatt der Stadt Hof Nr. 1 vom 03 .01. 1829, S. 3.

47  Mintzel, 2011: Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie, Bd. II; S. 85f.

48  Siehe zum Beispiel Höfer Intelligenz-Zeitung Nr. 17 vom 29 .04. 1809, S.102; Nr. 30 vom 29. 07. 1809, S.164.

49   Höfer Intelligenz-Zeitung vom 30. 06. 1810, S. 125.

50   Höfer Intelligenz-Zeitung Nr.8 vom 19. 02. 1820, S. 30.

51  Siehe Mintzel, 2011: Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie, Band II, S. 223ff.

52  Hofer Intelligenz-Zeitung Nr. 38 vom 20. 09.1817, S.154; Nr. 50 vom 13. 12.1817, S. 202; Nr. 1 vom 01. 01. 1820, S. 2. Siehe hierzu Mintzel,.2011: Von der Schwarzen Kunst zur Druckindustrie, Band II, S. 180ff.

53  Trautmann,1979: Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Stadt Hof, S. 384.

54  Zur Besoldung von Schullehrern in der Markgrafschaft Bayreuth siehe Jean Paul Werke, Bd. 12, S.1041: „Sein Schulhaus [des Vaters] war ein Gefängnis, zwar nicht bei Wasser und Brot, aber doch bei Bier und Brot; denn viel mehr als beide – und etwa frömmste Zufriedenheit dazu – warf ein Rektorat nicht ab, das obwohl vereinigt mit der Kantor- und Organistenstelle, doch dieser Löwengesellschaft von 3 Ämtern ungeachtet nicht mehr abwarf als 150 Gulden jährlich. Und an dieser gewöhnlichen baireuthischen Hungerquelle für Schulleute stand der Mann 35 Jahre lang und schöpfte.“

55  Zur Besoldung der Lehrer an Gmnasium in Hof um 1803  siehe I die detaillierten Angaben  bei Mintzel, 2011: Von der Schwrzen Kunst zur Druckindustrie,  Band I, S. 530f, 641.

56  Dr. Friedrich Ebert / Dr. Axel Herrmann, 1988: Kleine Geschichte der Stadt Hof, S. 261.

 

Anhang: 17 Dokumente

Die Originalhandschriften aller im Folgenden abgedruckten Dokumente stammen, ausgenommen Dokument Nr. 1, aus dem Archiv der Firma Mintzel-Druck. Sie wurden vom Verfasser abgeschrieben und transkribiert. Erläuternde Zusätze wurden vom Verfasser in eckige Klammern gesetzt.

Dokument Nr. 1

Gesuch des Buchdruckers Johann Ernst Schultze aus Schneeberg/Sachsen vom 3. Juli 1733 um die Konzession für die Errichtung einer Buchdruckerei in Hof.

An Die. Hochwohl=und Gelehrten auch Hoch= und Wohlweisen Herren Bügermeister und Raths zum Hof

Gehorsames Memorial

Johann ernst Schultzens Buchdrucker zu Schneeberg

Mir ist bekannd gemachet worden, dass nach Absterben des Höfischen Buchdruckers Herrn Minzels ein in solchen profession verständiger Mann desideriret wird.

Ob ich nun schon als zeitheriger Bürger und Meister der Buchdruckerkunst zu Schneeberg nicht Ursache habe, auf ein Changement des Orts zu drucken, und meines Bleibens daselbst gar wohl hätte, So habe ich doch, in Hoffnung mein Glück in gewissen Stücken in Hof noch beßer zu finden, mich hier einfinden und Ew.  Fürtstl. Hoch-und Wohledel solche meiner unter gewißen Conditionen gefaßte Resolution entdecken, dabey aber gleich Anfangs erwehnen wollen, wie  meine Officin gegen der Minzlischen gerechnet, ganz ein ander und vollkommenes Werck und so beschaffen ist, daß gegenwärttig und zwar in Ermangelung mehrerer 8. Gesellen /: deren ich doch vorher 11. gehabt, und auch künfftig eben wieder so viel nöthig habe,:/ und 2. Lehr-Jungen darinnen arbeiten, welche, wenn meinen Entzweck erreichen sollte, alle mit hierher bringen werde, zwar nicht in der intention, selbige mit Höfischer Arbeit zu versehen, sondern die nach Halle verdingte und bereits zu prastiren angefangenen operas zu continuiren. Aus welcher Anzahl derer bey mir arbeitenden Persohnen Ew. Hoch-und Wohledel der Quantitaet derer in Breitschafft habenden Littern leichtl. abzunehmen belieben werden. Nicht eine aber befindet sich meiner officin ratione quantitatis wohl instruiret, sondern es ist, daß dieselbe auch respectu qualitatis ohne Tadel und Fehler seyn müsste, daher sicher zu glauben, weiln ich voritzo das ieziger Zeit größte gelehrte opus nehml. das sogenannte Universal-Lexicon in 26. Folianten bestehend, pro parte zu drucken unter Handen habe.

Sowenig nun an meiner reichlich versehenen und wohlangerichteten officin einiger Abgang sich zeiget, ebenso wenig ist auch an meiner Persohn und geführten Lebens-Wandel nach dem sub Lit: A. et B. abschrifftl.  anliegenden Zeugniß meiner Geistl. und Weltl. Obrigkeit etwas auszusezen. Wannenhero ich glaube, daß auf Seiten E. E.Magistrats, daferne Selbe anderts eine mit allen Nothwendigkeiten wohl versehene Buchdruckerey und einen in derselben habilen Mann im Ernst desideriren, die Sache hoffentl. schon ihre Richtigkeit erhalten möchte.

Alleine gleichwie ich dem Wünschen und Verlangen E. E. Stadt-Raths satisfaciren würde: also müste, weilen sich von einem Ort, allwo man mit sovielen Gesind  ansäßig, sich weg zubegeben etwas sehr schwehres ist,  nothwendig  auch meinem Suchen und Bitten hinwiederumb deferiret und ich darinnen glückl. werden.

Es bestehet aber mein billiges Suchen darinnen, dass 1.) außer meiner Buchdruckerey keine andere künfftig hie in Hof dürffte errichtet, somit von höchster Landes=Herrschaft   mir das Jus prohibendi müsste ertheilet werden. 2.) hat man mir berichtet, dass die zeither in Hof befindl. Buchdruckerey und deren Besizer von dem Landschafftl. und anderen Steuer=oneribus exemt gewesen.

Welches privilegii ich gleichergestalt, nachdeme die Minzelische Buchdruckerey eingienge, theilhafftig zu werden verlange.

Vielen nun die ins Gewichte fallende Officin, als welche mit allen Zubehörungen über 100. Centner am Gewichte beträgt, und meine andere Mobilien hieher zuschaffen sehr viele Kosten wenden müste, so würde es ganz billig seyn, im Betracht solches grosen Costen Uffwands 3.) mich mit einer freyen Wohnung solange zu versehen, biß sich bequeme Gelegenheit zeigte, entweder ein Hauß zu kauffen, oder eine von deren hiesigen Brandstätten zu erbauen, zu welcher Zeit ich das benöthigte Bier selbsten brauen würde, da mir dann 4.) die Umbgelds-Freyheit von gnädigster Herrschafft sowohl, als auch von E. E. Raths ertheilet und die Concession solches privilegii  mir ebenfalls gleich zu Anfang obschon de futuro mir angedeihen  werden wird, als worum und endl. noch 5.) um die Freyheit, jährl. etl. Rinder zu beßerer Fortbringung meiner schwehren und starcken oeconomie ohne  Fleisch-Uffschlag zu schlachten, hierdurch eben mäßig anlange, überhaupt aber gehorsamst bitte, bey S. Hochfürstl. Durchl. mein Vorhaben und dieß mein in angebrachten 5. puncten beruhendes Suchen mittelst unterthänigster Berichts-Erstattung zu secundiren, in mehreren Betracht, nicht nur dem publico durch eine wohlbestelte Buchdruckerey groser Nutzen zuwächset, indeme occasione der hiesigen Pappier-Mühle durch häuffige Consumirung des Pappieres das Geld von ausländischen Orten ins Land gebracht wird, sondern auch insonderheit der hiesigen Stadt wegen des in meiner officin zu haltenden vielen Gesindes mehr Nahrung verschaffet wird. Dazu nun aber auch der allhiesigen Minzelischen Wittib kein Tort geschehe, bin ich erböthig, ihr die habende officin um taxmäßigen Preiß abzukauffen.

Weßen mich nun zu versehen, ob nehmlich ich in meinem Gesuch reuissiren werde oder nicht, hoffe nach schleuniger Berichts-Erstattung in balden zu erfahren, biß dahin wie sonsten mit allem Respect erharre.

Ewl. Hoch-und Wohledel etc.

gehorsamer Diener

Johann Ernst Schultze

1.Buchdrucker aus Schneebergk

Hof, den 3. Juli 1733.

Dokument Nr. 2

Referenzschreiben des Lic. Johann Joachim Hönicker für den Buchdrucker Johann Ernst Schultze vom 30.ten Juni 1733.

Daß tit: Herrn Johann Ernst Schulze, Tit: Herrn Martin Schulzens seel., weyl. Königl. Pohln. Churfürstl. Sächsischer Ober-Accis-Einnehmenrs nachgelaßener eheleibl. Sohn, aniezo angeseßener Bürger und Buchdrucker, sich zeit seines Hierseyns eines Christl. friedliebenden  Lebens und Wandels befließen , Gottes Wortt fleißig gehöret und sich nebst denen Seinigen des heil. Abendmahls öffters mit Andacht gebrauchet, sich auch in der Buchdrucker Kunst rühmlich erwiesen und noch erweißet; Solches alles wird hierdurch, fide pastorali, attestiret und bezeuget.

 

Schneeberg am 30.ten Juni: Anno etc, 1733.

L.S. Lic: Johann Joachim Hönicker [Rhönicker?]

P.P.und Ministerii 1. Senior.

Dokument Nr. 3

Markgräfliches Privileg für den Buchdrucker Johann Ernst Schultze vom 20. Juli 1735. (Quelle: Paul Daniel Longolius: Vollständige Geschichte der Buchdruckerey in der Marggräflich – Brandenburg – Culmbachischen Haupt-Stadt Hof […]Hof 1741. [Manuskript; Standort : Archiv des Historischen Vereins für Oberfranken, Bayreuth]

(Ein Abdruck dieses Privilegs ist zu finden in Georg Wolfgang August Fikenscher: Geschichte des Buchdruckerwesens in dem Burggrafthum Nürnberg oberhalb Gebürgs. Baireuth 1802, S. 48ff.)

Von Gottes Gnaden Wir Friedrich Marggraf zu Brandenburg in Preußen, zu Magdeburg, Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden, zu Mecklenburg: auch in Schlesien und zu Crossen Hertzog, Burggraf zu Nürnberg, Fürst zu Halberstadt, Minden, Camin, Wenden Schwerin und Ratzeburg, Graf zu Hohenzollern und Schwerin, Herr der Lande Rostock und Stargard; [usw.] urkunden und bekennen hiermit vor Unß, Unßerer Erben und Nachkommen, und fügen hierdurch jedermänniglich Zu wißen, was gestalten allschon bey Lebzeiten Unßers in Gott hochseelig ruhenden Herrn Vater Gnaden der Buchdrucker Johann Ernst Schultz Zu Hof unterthänigst vorgestellt, dass er Zwar ehehin Zu Schneeberg in dem Chur-Sächsischen, Als Buchdrucker wohnhaft geweßen, vor kurzten aber seine in mehr als 100. Centner Gewicht bestehende Buchdruckerey, um verschiedener Ursachen willen von dar hinweg und in Unsere Haubt-Stadt Hof transferiret habe, bey welcher er auch mit so viel frembder und auswärthiger Arbeit bereits versehen seye, dass er nicht nur von Jahren zu Jahren eine Anzahl von 15. bis 18. Persohnen fördern, sondern auch der dasellbst schon befindlichen Mintzlischen Buchdruckerey /: welcher wegen er sich gegen die Wittib sothaner Buchdruckerey und ietzo verehligte Vierlingin [ Irrtum: Hetschel – A.M.] ohnehin besonders inreserviret :/ so gar davon noch ein und anders Zuwenden könne, wodurch dann Unßerer Stadt Hof ein nicht geringes Consumtions- Interesse und anderer Vortheil Zugezogen würde, solchen nach am Ende gehorsamst gebetten, ihme über ermelde seine Buchdruckerey ein Privilegium ausfertigen und demselben Zu aneignen [?] obschon geringen Behuff seines großen und weitläuffigen Haußhaltens Zugleich etwelche Befreyungen von Gewerb-Steuer, Umbgeld und Fleisch- Ufschlag gnädigst einverleiben zu lassen. Wenn Wir nun in Ansehung solche Buchdruckerey, denen eingezogenen Berichten nach, Uns und dem Publoco Zu mercklichen Nutzen gereichet, dem Gesuch Zu deferiren in Gnaden resolviret; Als ertheilen Wir aus Landes Fürstlicher Macht und Gewalt hiermit und in Krafft dieß; Ihme Johann Ernst Schultzen und dessen Erben das gebethene Privilegium über gedachte seine nach Hof transferirte Buchdruckerey dergestalt und also, daß er bey derselben wieder alle unziemende Beeinträchtigungen, worinnen auch solche bestehen mögen, cräfftigst geschützt und gehandhabet, sodann auch ihme Zu des Wercks Aufrecht-Erhaltung iederzeit mit der erforderlichen Assistentz Zur Seiten getretten werden solle. Wobey Wir ferner, damit er Schultze desto beßer bestehen, und dieses viele Kosten und Verlag erfordernde Werck in einem guten Stand fortwährig erhalten könne, gnädigst verwilligen daß derselbe gleich anderen in Unßerm Land und Fürstenthum etablierten Buchdruckereyen von aller Gewerb-Steuer, wie auch Zug, Wacht, Ausschuß, Einquartierungen und andern bürgerlichen Oneribus hinkünfftig exempt und befreyet bleiben, neben dem auch ihme alle Jahr ein gantzes Gebräu Bier Höfer Maaß Umgelds frey selbst abzubrauen, dann Zwey Rinder und vier Schweine ohne Entrichtung eines Aufschlags, in sein Haußhalten jährlich zu schlachten, verstattet seyn solle: Dargegen Wir Unß Zu ihme Schultzen versehen, er auch ohne diß schuldig und gehalten ist, dass er jedermann mit der von ihm erfordernde Drucker-Arbeit, nach vorher davon beschehener jedesmahligen Anzeige bey Unßerer nachgesetzten Regierung in einem billigen Preiß an Handen gehen und gebührend fordern werde, wie er denn auch hierdurch Zugleich ernstlich angewiesen wird ohne Unßern oder Unßerer verordneten Hof- und Justitien-Räthe oder wem Wir solches sonsten Zu übertragen gnädigst gemeynet seyn werden, vorgehenden Vorwissen, Befehl und Erlaubnüß, ingleichen was geringe privat-Arbeiten betrifft, ohne vorhero behörigen Orts erfolgte Censur und Correctur, nichts in den Druck zu nehmen, weniger aber Sachen, welche wider das Christenthum, die Gesetze und Erbarkeit streiten, unnütze schändliche Bücher, Carmina, Schmäh-Schrifften, ingleichen Bildniße oder andere dergleichen unziemende Dinge bey Vermeidung schwehrer Straffe und allenfalstigen Verlust dieses ihme hiermit lediglich aus Gnaden ertheilenden Privilegii, Zu drucken, noch der Münzlischen privilegirten Buchdruckery an der bißhero gehabten Schul- und andern Arbeit, seinen von sich gestellten Revers Zu wieder, einigen Eintrag Zu thun. Uebrigens behalten Wir Uns, Unsern Erben und Nachkommen in der Regierung bevor, künfftig nach Befinden und Erheischung der Umstände, darunter Zu mindern und Zu wehren. Urkundlich ist dießes Privilegium unter Unßerer Unterschrifft und anhangenden Regierungs-Siegel ausgefertiget worden. So geschehen in Unßerer Residenz-Stadt Bayreuth den 20. Juli Anno 1735.

Dokument Nr. 4

Aktennotiz des Stadtrats von Hof: Anzeige Johann Ernst Schultzes vom 12. Juli 1737, dass [Johann Adam] Mönnich, ein Buchdruckergeselle Hetschels, damit begonnen habe, in Hof eine dritte Buchdruckerey einzurichten, und Bitte um Verbot der rechtswidrigen Aktion.

Actum  Hoff den 12. Juli 1737.

Zeiget der alhiesige Buchdrucker Schultze an, was gestalten alhier sich der dritte Buchdrucker, namentl.[ich] Mönnich, welcher des Buchdrucker Hetschels Stieftochter heirathen würde, niederlassen wolte, wie er dann albereits eine Preße in das Mollische Haus hieselbst hat bringen lassen.

Wenn nun aber dieses unbefugte eigenmächtige Unternehmen wider die gnädigst ertheilte Privilegien, krafft derer keine andere, als seine und des Hetschels Druckerey alhier gestattet werden solle, liefe, als wolle er ein solches hierdurch erörtert und gehorsamst gebeten haben, ihme hierinnen zu schüzen und dem Mönnich dieses unerlaubte und wider die gnädigst ertheilten privilegia laufende Beginnen mit Nachdruck zu inhibiren.

Resolution [Beschluss]

Solle das behörige verfügt werden.

Actum ut supr. P.

Dokument Nr. 5

Schreiben des Buchdruckers Johann Andreas Hetschel vom 12. Juli 1741 an den Rat der Stadt Hof mit Bitte um Bekräftigung der alten Mintzelschen Druckerei – Privilegien.

Hoch- und Wohledle, Hoch- und Wolhlgelehrte, auch hoch- und wohlweise, hochgeehrteste Herren!

Ich finde nöthig, ja mich genöthiget, occasione der mit des Schulzens falliment eingegangnen Buchdruckerey bey Serenissimo um die Confirmation der meiner Buchdruckerey vor alten Zeiten ertheilten Hochfürstl. gnädigsten Privilegien, zugleich aber auch  gnädigste Concession des juris prohibendi unterthänigst anzulangen, so mit vor die beßere und wiederhergestellte Aufnahme der selben besorgt zu seyn. Damit ich nun aber in meinen unterthänigsten Gesuch desto leichter reüssiren möge, bitte Ew: Hoch- und Wohledel ich hiermit gehorsamst, meine beyfolgende unterthänigste Supplication mittelst unterthänigten Berichts dergestalt zu secundiren, daß alles, was ich vorgebracht, der Wahrheit gemäß, und zur Conservation meiner Buchdrucker-Offizin die gebethene Hochfürstl. Gnade allerdings höchst von nöthen sey. Diese gütigste Willfahrung werde ich mit dem ersinnlichsten Danck erkennen und allstets mit besondere respect erharren,

Ew.: Hoch- und Wohledlen

Hof, den 10. Juli 1741

gehorsamster Johann Andreas Hetschel

 

Dokument Nr. 6

Bericht des Hofer Bürgermeisters und Stadtrat vom 29. März 1743 an die markgräfliche Regierung zu Bayreuth über die Vorgänge im Hofer Druckereiwesen

Durchlauchtigster Marggraf, Gnädigester Fürst und Herr.

Ew. Hochfürstl. Durchlaucht ist gnädigst bekand,

was, als Anno 1733. Johann Ernst Schultze seine Buchdruckerey von Schneeberg anhero transferiret; zwischen  ihme und des bereits hier gewesenen Buchdruckers Johann Christoph Mintzels hinterbliebenen Wittib verhandelt worden und wir jenen besondere Immunitaeten und freyheiten zu erhalten gesuchet, diese aber unter Beziehung auf die von ihrem Mann und seinen Vorfahren genoßenen Privilegia, dabey geschützet zu werden gebeten. Über beyderseitiges Gesuch ist mittelst gnädigster Rescriptorum sub 16. und 20. Martii 1734 unterthänigster Bericht abgefordert, auch dieser sub 11. et 13. Maii ei.a. [eiusdem anni] erstattet, seitdeme aber, wie weit ein oder der andere Theil in seinem Bitten reussiret, uns nicht bekannt worden. Inmittelst hat die Mintzlische Wittib sich an Johann Andreas Hetscheln verheyrathet und dieser die Buchdruckerey seithero fortgesetzet, da hingegen Schultze, welcher anfänglich frembde Arbeit ins Land zu ziehen und der Stadt eine strackes Consumtions- Interesse zuzuwenden die  Bestimmung  gemachet, bey Gelegenheit des zum Verlag übernommenen Universal-Lexicons unglücklich worden, alle auswertige Arbeit eingebüßet, und wider sein Promission sich mit Druckerey inländischer Piecen hingeflicket, folglich damit nicht nur die andere Buchdruckery mit ruiniret, sondern auch endlich sich selbsten in so weit gefährdet, dass zu seinen  Vermögen ein starker Concursus Creditorum ausgebrochen. Bey dieser  Gelegenheit suchte Hetschel in der Meynung, daß  mit Schultzens Concurs dessen Buchdruckerey völlig Zergehen würde, in anliegender Supplication unterthänigst an, dass ihme seine Vorfahren gnädigst ertheiltes Privilegium wieder angedeyhen, auch künfftig weiter keine Buchdruckerey neben der seinigen alhier etabliret –  somit  ihme hierunter ein jus prohibendi mitgetheilet werden mögte. Zur Zeit können wir nicht  anführen, wie es noch eigentlich mit dem Schultzischen Concurs und der ad massam gehörigen Buchdruckerey ablauffen mögte, sintemahlen jener wegen desjenigen Besteuerungs-Rechtes und  Steuer-Rechtes Hochfürstl. Landschafft auf  des Debitoris Hauße zu behaupten suchet und der  dieserwegen zwischen derselben  und einer Ritterschaft hiesigen Bezirks, welche das Hauß vormahls beseßen, obwaltenden Different, seithero einigen  Verzug leiden müßen, zu der Buchdruckerey aber, ob sie wohl nicht nur in öffentl. Zeitungen, sondern auch durch öffentl. Anschlag in Leipzig, Wittenberg und Jena zu jedermanns Wissenschafft feil gebothen worden, biß dato sich  so wenig ein Liebhaber gefunden, als  wenig der andere Buchdrucker Hetschel solche an sich zu kauffen das Vermögen besitzet, und welcherley Ursachen  willen auch nur erwendes Hetschel unterthänigstes Suchen an Ew. Hochfürstl. Durchl. zu bringen, wir seithero Anstand genommen und  den Ausgang des Schultzischen Bucdruckerey-Verkauffs abzuwarten gemeynet gewesen. Da aber Hetschel die Intention führet, in Zeiten vorzubeugen, daß nicht etwa durch jenen Retablissement ihme weiterer Schaden zugefüget werde; So wie es zu Ew. Hochf. Durchl. Höchsten Disposition beruhen, wie weit sein Bitten mit gnädigster  Erhörung  er zu sehen vor thunlich erachtet werden wolle.

Umb des hiesigen Gymnasii ist freylich eine Buchdruckerey fast unentbehrlich, und dieses sonder  Zweffel die Ursache, welcher wegen   früherer Albrecht Müntzel von Leipzig anhero vociret, und nebst  seinen Successoribus von Durchlauchtigster Landesherrschafft mit verschiedenen Begnadigungen,  wovon  aber gegenwärtig weiter nichts, als die Befreyung von der ordinairen Steuer, darin Zug und Wacht, von der  Hochfürstl. Landschafft, ingl. Etwelche Umbgelds – Befreyung von der Hochfürstl. Cammer annoch  zugestanden wird, angeshen werden; Dabey findet ein Buchdrucker endlich auch nothdürfftiges Brod. Wird aber die  Zahl verdoppelt, so ruiniret einer den andern, wie das Exempel gegenwärtig am Tage ist. Zu Ew. Hoch[ohl] D[urchlauchtigsten] erlauchtesten Penetration stellen  Wir demnach submittest aus, ob Höchstdieselbe Hetschels unterthänigtsten Suchen Platz geben und ihn auf  den  Fall, da die Schultzesche Buchdruckerey gäntzl. zergehen sollte, mit dem suchenden    jure prohibendi ueber eine weitere Buchdruckerey-Anrichtung zu begnadigen geruhen wollen, die wir in tiefster Erniedrigung  verharren.

Ew, H. D.

Hof

Den 29. Martii 1743.

B[ürgermeister] u. R[ath]

 

Dokument Nr. 7

Schreiben der markgräflichen Regierung zu Bayreuth vom 26. April 1743 an die Landeshauptmannschaft Hof mit der Aufforderung, bis zum Verkauf der Schultzeschen Buchdruckerei abzuwarten.

Von Gnaden, Friedrich, Marggraf zu Brandenburg [usw.]

Unsern gnädiglichen Gruß zuvor, Ehrsame, Liebe Getreue! Es ist dahier eingelanget, und breitens Inhalts verlesen worden, was ihr wegen der ad concursum gezogenen Schultzischen Buchdruckerey sub präs: 20. De curr: unterthänigst einberichtet, dann wie der Buchdrucker Johann Andreas Hetschel in dem eurem Bericht beygelegenen gewesenen Supplicato um Confirmation derer dem ehemahligen Buchdrucker Min[t]zel verliehenen Privilegiorum cum jure prohibendi, weilen seiner Meynung nach die Schultzische Buchdruckerey durch den Verkauff einzugehen scheine, die unterthänigste Ansuchung gethan [sein Gesuch eingereicht].

Gnädigtst darauf befehlend, ihr soltet dem Hetschel eröffnen, daß die gesuchte Confimation in so lange Anstandt haben [warten] müsse, biß man sehe, wie es mit dem Verkauff oben gedachter Schulzischen Buchdruckerey ablauffen werde, da so dann nach Befinden weitere Resolution erfolgen solle. Wornach ihr euch gehorsamst zu achten.

Datum Bayreuth, den 26. April, 1743.

MC von Feilitzsch

Johann Christoph Braun

Chr. Ernst Schüliin

Johann Georg Kayser

 

Dokument Nr. 8

Vermerk des Hofer Bürgermeisters und Stadtrats vom 10. Mai 1743, dass der Ratsdiener dem Buchdrucker Johann Andreas Hetschel den Bescheid der markgräflichen Regierung  persönlich übermittelt hat, Hetschel solle sich in Geduld üben, bis der Verkauf der Schultzeschen Buchdruckerei geklärt sei.

Gegenwärtiges gnädigegstes Rescriptum, worinnen Johann Andreas Hetschel Buchdrucker wegen suchender Confirmation derer hiebeyvorigen Mintzlischen Privilegiorum in so lange, biß man sehen wird, wie es noch mit Verkauff der Schultzischen Buchdruckerey ergehen mögte, Zur Gedult verwiesen wird, wurde ernanden [genannten] Hetschel durch den Rathsdiener Willer [?] von der Hand originaliter ad notitiam communiciret [mitgeteilt].

Hof den 10. Maji 1743.

Bürgermeister und Rath

Dokument Nr. 9

Gesuch des Buchdruckergesellen Johann Georg Aemilius Bergmann vom 29. März 1785 um die Konzession für die Errichtung einer zweiten Buchdruckerei in Hof, gerichtet an den Geheimen Rat und Landeshauptmann Philipp Georg von Weitershausen

Reichsfreyhochwohlgebohrner Herr, gnädig und hochbefehlender Herr Geheimer Rath und Landes-Hauptmann.

Es kann dem scharfsehenden Auge Ew. Reichsfreyhochwohlgebohrnen Excellenz unmöglich entgehen, dass aus Mangel guter Buchdruckereyen in dem Fürstenthume Brandenburg-Culmbach Oberhalb Gebürges, nicht nur hiesige Buchhandlung, sondern auch die Bayreuther ihre Zuflucht zu den benachbarten ausländischen nehmen, und mithin das Geld, welches im Lande verdienet werden könnte, Auswärtigen in ansehnlichen Summen jährlich liefern müssen. Die Vierlingische Buchhandlung allhier, wird in angebogener [?] Vertretung dieses bekräftigen und den Nachtheil, der ihr hierdurch zuwächst, bekennen müssen. Der hiesige Buchdrucker Hetschel ist ein Mann von 78 Jahren, der seine Buchdruckerey nach seinen Umständen nicht höher treiben kann. Seine zwey Pressen besetzen immer Verlagsbücher von Buchbindern zu zwey bis drittehalb tausend Auflage; womit er ohne andere Arbeit zu übernehmen, sich Jahre lang beschäftigen muß. Ich getraue mir dahero zu behaupten, daß Hetschel im geringsten kein Abbruch geschehe, wenn ich der Aufforderung der hiesigen Buchhandlung zur Folge eine neue Buchdruckerey errichten, und mir hierzu die gnädigste Erlaubniß ertheilet würde, da ich nach meinen, in vielen ansehnlichen Buchdruckereyen seit 13 Jahren her gesammelten Kenntnissen zum Besten des Landes und vorzüglich hiesiger Buchhandlung benutzen würde. Ich wollte mich zum voraus verbindlich machen, Hetscheln von seiner Arbeit nichts zu entziehen, sondern ihn vielmehr bey überhäufter Arbeit selbst abzugeben im Falle es ihm an Arbeit fehlen sollte. Ich würde, weil meine Unterstützung von Hause, so lange meine Mutter noch am Leben, nicht zu zwey oder mehreren Pressen hinreichend ist, anfänglich nur mit einer einzigen anfangen, mit welcher ich jährlich 50. bis 53. Ballen zu verdrucken, im Stande bin, nach einiger Zeit aber, vielleicht durch eine vortheilhafte Parthie, oder auch dadurch, daß ich meine Mutter zu mir nehme, meiner und des Publikums Convenienz nach, die Pressen vermehren.

Mir ist seit meiner zweyjährigen Condition allhier nicht verborgen geblieben, wie rührig Ew. Reichsfreyhochwohlgebohrene Excellenz bemüht sind, jeden Nahrungsstand in größeren Flor zu setzen, und jeden fehler derselben zu verbessern. Desto getroster wage ich es Ew. Reichsfreyhochwohlgebohrenen Excellenz unterthänig gehorsamst zu bitten:

Mich bey der höchsten Behörde in meinem Gesuche Gnädig und Hochgeneigt zu unterstützen, und es durch Hochdero gnädigen Vorsprache dahin zu vermögen daß mir, als einen Anfänger dessen wichtigtste Unterstützung, Thätigkeit und Püncktlichkeit seyn wird, die Kosten pro concessione nicht erschweret werden.

Unter der Hoffnung gnädiger Erhörung in tiefem Respect

Ew. Reichsfreyhochwohlgebohrene Excellenz gg.

Hof, den 29. März 1785

unterthäniger Diener

Johann Georg Aemilius Bergmann, aus Jena.

Dokument Nr. 10

Schreiben des Verlagsbuchhändlers und Zeitungsherausgebers Carl Johann Albrecht Meyer vom 29. März 1785 an den Geheimen Rat und Landeshauptmann Philipp von Weitershausen zur Unterstützung der Konzessionierung einer zweiten Buchdruckerei in Hof.

Reichsfreyhochwohlgebohrner Herr

Gnädig und hochbefehlender Herr geheimer Rath und Landeshauptmann,

Der in hiesiger Buchdruckerei in Condition stehende Georg Aemilius Bergmann wünscht die gnädigste Erlaubniß zu einer zweyten Buchdruckerei alhier zu erhalten und hiesige Buchhandlung stimmt in diesen Wunsch auf das feyerlichste ein, weil sie eben so wenig als die Bayreuther vermögend ist den dritten Theil der Verlags Artikul bey der Verfassung unserer Obergebürgischen Buchdruckereien im Lande gedruckt zu erhalten. Die hiesige Buchdruckerei bekümmert sich wenig um Buchhandels Arbeit weil solche immer Bücher die eine starcke Auflage erfordern unter der Presse hat, und die Culmbacher und Bayreuther Buchdrucker sind zu dergleichen Arbeit nicht eingerichtet, teils  mit dem Druck des Calenders, teils mit der politischen Zeitung beschäftiget. Ich befinde mich auf solche Weise in die Nothwendigkeit  versetzt bey nahe alle meine Verlagsartikul auserhalb Landes drucken zu lassen und ansehnliche Summen in jene Gegenden zu senden, woher Hof, wenn mehrere Pressen vorhanden wären, Geld ziehen könnte, des grosen Nachtheils nicht zu gedencken der mir durch die Entfernung vom  Druckorte, durch Porto und andere unvermeidliche Umstände zuwächst. Ich würde bey alledem Supplicantens Bitte so wol als meine Clage auf jede Art ungerecht und unbillig finden, wenn der hiesige Buchdrucker Hetschel durch Errichtung einer zweyten Buchdruckerei – die aber schon ehemals neben der Hetschelischen vom Schulze behauptet wurde – die er weder mir noch der Bayreuther Buchhandlung wegen anderen Arbeiten wenig oder gar nichts drucken kann, an seiner Nahrung Abbruch litte. Ich verpflichte mich im Gegenteile ihm so viel er mir zeithero drucken konnte, so lange er am Leben, zu geben und Supplicanten nur das was ich  bishero auser Landes drucken lassen mußte, nebst den von andern Gegenden zur Besorgung des Druckes zu gesendeten Manuscripten  zu über- lassen. Euer reichsfreyhochwohlgebohrn Excellenz als Kenner jeder hiesigen Gebrechen  das Nahrungsstandes werden durch hochdero viel vermögenden Vorwort bey höherer Behörde der Buchhandlung alhier diesen Vorteil, Supplicanten aber, von dessen Geschicklichkeit ich Proben habe, die gnädigste Deference seiner Bitte gegen eine geringe Abgabe, gnädig und hochgeneigtest zu bewürcken geruhen. Da ich übrigens mit der grösten Verehrung in Submission erharre

Euer Reichsfreyhochwohlgebohrn Excellenz

Hof, den 29. Merz 1785

Unterthänig gehorsamster

Carl Johann Albrecht Meyer.

Dokument Nr. 11

Schreiben des Landeshauptmannes Philipp von Weitershausen an den Markgrafen von Bayreuth vom 10. Mai 1785. [Acte die von dem Buchdruckergesellen Bergmann gesuchte u. erhaltene Concession zu einer 2ten Buchdruckerey betreffend.  Staatsarchiv Bamberg C 7 VIII Nr. 2452]

Duchlauchtigster Marggraf

Gnädigster Fürst und Herr!

Der hiesige Buchdruckergesell Johann Georg Aemilius Bergmann, welcher aus Jena gebürtig ist, wünschet, die gnädigste Erlaubnis zu einer Buchdruckerei zu erhalten, und hat mich, wie die Beilage ergibt, um meine Vertrettung gebeten. Nach der weitern Anlage äußert die Vierlingische Buchhandlung eben diesen Wunsch , weil sie von der bereits hier befindlichen Hetschelischen so wohl, als der Baireuther und Culmbacher Buchdruckerey nicht gefördert werden könnte, sondern die meisten Verlagsartikel oefters zu ihren grösten Schaden auswärts drucken lassen müssen.

Es ist sehr augenscheinlich,, wo nicht mit Gewißheit zu behaupten, daß zwei Buchdruckereien hier immer genug zu drucken haben, und keine die andere verderben werde, zumalen die hiesige Buchdruckerey nur 2. Pressen hat, davon öfters nur eine aus bloser Nachlässigkeit des Hetschels und wegen mangel der Lettern gangbar ist.

Da nun der Bergmann die Erlaubniß zu einer neuen Buchdruckerei überdieß ohne Nachtheil der Hetschelischen verlangt, solches auch, da eine es immer fehlen läßet, thun kann, und dadurch das sonst  auswärts gehende Geld im Lande behalten wird; so bin ich des unzielsezlichen Dafürhaltens , daß dem Bergmännischen Gesuch gnädigst willfahret werden koennte.

Ich überlaße jedoch alles Ew. Hochfürstlicher Durchlaucht höchstem Ermessen und erharre in größter Ehrfurcht,

Hof den 10ten Mai 1785.

Ew. Hochfürstlichen Durchlaucht

Unterthänig gehorsamster

Weitershausen

Dokument Nr. 12

Aufforderung der markgräflichen Regierung vom 30. Mai 1785 an den Geheimen Rat und Landeshauptmann Philipp Georg von Weitershausen, den Buchdrucker Hetschel über den Vorgang in Kenntnis zu setzen und dessen Stellungnahme dazu einzuholen.

Von Gottes Gnaden, Christian Friedrich Carl Alexander, Marggraf zu Brandenburg [usw.]

Unsern gnädiglichen Gruß zuvor: Wohlgebohrner, Lieber Getreuer! Wir sind zwar gar nicht ungeneigt, dem mit eurem Bericht de praes:12.ten hujus einbeförderten Concessions Gesuch des Buchdruckergesellen Bergmanns zu einer neuen Buchdruckerey zu deferiren; Wir erachten aber, um die Sache ausser allen Anstand zu sezen, die Erklärung des Buchdrucker Hetschels annoch für nöthig: wannenhero Wir Euch unter Zurückgabe der eingesandten Meyer- und Bergmännischen Exhibitorum befehlen, ersagtem Hetschel hievon Eröfnung zu machen, und dessen Erklärung ad Protocollum zu nehmen, dann solche sub Remissione communicatorum mit anderweiten gutächtlichen Bericht einzusenden. Deme Wir in Gnaden gewogen. Datum Bayreuth den 30. Maii 1785. [Eine Abschrift dieser Aufforderung befindet sich im Staatsarchiv Bamberg C 7 VIII Nr. 2452]

Dokument Nr. 13

Johann Georg Mintzel: Bewerbung um die Konzession für eine zweite Druckerei in Hof. Schreiben vom 18. Juni 1785 an den Geheimen Rat und Landeshauptmann Philipp von Weitershausen.

Reichsfreyhochwohlgebohrner Herr, Gnädiger Herr Geheimder Rath und Landeshauptmann!

Schon seit 18. Jahren habe ich mich der Buchdrucker Kunst beflissen, und solche nicht nur hier bey meinem Gros Vater, dem Buchdrucker Hetschel erlernet und sie nach erstandener Lehr Zeit noch über 6. Jahre lang bey ihm als Geselle getrieben, sondern auch um darinnen noch mehrere Fertigkeit und Känntniß zu erlangen, auswärtige berühmte Buchdruckereyen besuchet, und in solchen beynahe 8. Jahre conditioniret, wodurch ich denn sowohl als auch anhaltenden Fleiß in meinem Metier eine solche Wissenschaft erworben habe, daß ich nunmehro einer eigenen Buchdruckerey wohl vorstehen kan. Bereits stehe ich auch in den Jahren, die mich ein eigenes Etablissement wünschen lassen, und in dem Vorsaz mich hier in meiner Vaterstadt darum zu bewerben, bin ich von Coburg hieher gereist. Bey meiner gestern erfolgten Ankunft aber vernehme ich, daß der Buchdrucker Gesell Bergmann aus Jena die nehmliche Absicht heget und bereits um eine Concession zu Errichtung einer neuen Buchdruckerey angesucht hat. Ich habe Gelegenheit gehabt, sein dißfalls bey Euer Reichshochfreyherrl. Excellenz angebrachtes schriftliches Gesuch zu lesen, und ich muß ihm vollkommen beystimmen, daß eine zweite Buchdruckerey sowohl überhaupt für die hiesige Stadt als insbesondere für die hiesige Buchhandlung vortheilhaft und nüzlich sey. Auch darinnen hat er Recht, daß dadurch unter den von ihm selbst vorgeschlagenen Einschränkungen der schon etablirten Buchdruckerey kein Abbruch geschehen würde. Ob er aber der Mann ist, für den er sich sonst ausgiebt, muß ich dahin gestellet seyn lassen. Soviel ist indessen gewiß, daß er noch nicht vor langer Zeit meinen Unterricht öfters gesucht und benuzt hat, wenigstens kan ich es wegen des Vorzugs allemal auf eine Probe ankommen lassen. Auf alle Fälle getraue ich mir eine bessere und accuratere Arbeit zu liefern, als es Bergmann im Stand ist, und in Ansehung der Vermögens Umstände bin ich ihm wenigstens auch gleich. Da ich nun hiernächst ein hiesiges Stadtkind bin, und mich zu den nehmlichen Bedingungen, zu welchen sich Bergmann erboten hat, verbindlich mache und da auch die hiesige Buchhandlung gegen mich nichts einwenden wird, indem mir deren Besizer, Herr Commercien Rath Meyer bereits im vorigen Jahr mit Hand und Mund versprochen hat, daß er mich, wenn ich mich hier etabliren würde, aufs kräftigst unterstüzen und mir seine sämtlichen Verlags Artickel zuwenden wolte; so bitte ich Euer Reichshochfreyherrl. Excellenz in aller Unterthänigkeit Hochdieselben wollen sich bey Hochfürstlicher höchstpreißlichen Regierung für mich in Gnaden dahin verwenden, daß mir die gnädigste Concession zu Errichtung einer neuen Buchdruckerey vor dem Ausländer Bergmann, und in der Art wie derselbe sie gesucht hat, huldreichst ertheilet werde.

Da Euer Reichshochfreyherrl. Excellenz ohnehin schon rühmlich gewohnt sind, dem Inländer, wann sonst kein Vorzug eintritt, vor dem Ausländer aufzuhelfen, und da ich mich wegen meiner guten Aufführung durch die besten Zeugnisse legitimiren kan; so darf ich zuversichtlich hoffen, daß hochdieselben mich, wenn ich auch des Umstandes, daß meine Voreltern seit 150. Jahren in dem Besiz der hiesigen Buchdruckerey gewesen nicht erwehnen, in meinen unterthänigsten Gesuch kräftigst unterstüzen werden, daher ich um diese gnädige Verwendung nochmals demüthig bitte und in tiefer Erniedrigung erharre,

Euer Reichshochfreyherrl. Excellenz.

Coburg, jetzt Hof,

den 18. Junius 1785

unterthänig gehorsamster

Johann Georg Mintzel

Dokument Nr. 14

Stellungnahme des Buchdruckers Johann Andreas Hetschel zur Konzession einer zweiten Buchdruckerei in Hof in seinem Schreiben vom 18. Juni 1785 an den Geheimen Rat und Landeshauptmann Philipp von Weitershausen.

Reichsfreyhochwohlgebohrner Herr, Gnädiger Herr Geheimder Rath und Landeshautmann!

Das Concessions Gesuch des Buchdrucker Gesellens Bergmann aus Jena nebst dem Vertretungs Schreiben der hiesigen Buchhandlung haben mir Euer Reichshochfreyherrl. Excellenz mittelst eines am 9. dieses ergangenen hochverehrlichen Decret unter der Auflage zugefertiget, dass ich mich darüber binnen 8. Tagen vernehmen lassen soll.

In dem hohen Alter, worinnen ich gegenwärtig stehe, muß es in der That die gröste Kränkung für mich seyn, daß ich jezt am Ende meiner Tage mein karges Brod mit einem andern, theilen soll. Dieses Ansinnen fällt mir auch um so empfindlicher, als ich die Überzeugung habe, dass ich die hiesige Buchdruckerey, in den 52. Jahren, als ich ihr vorstehe, jederzeit mit aller möglichen Accuratesse versehen, und niemals zu einer gerechten Beschwerde Anlaß gegeben habe. Wahr ist es zwar, dass ich seit einiger Zeit mit vielen Arbeiten überhäuft und dadurch verhindert war, daß ich die hiesige Buchhandlung mit ihren Verlags Artickeln nicht allzeit in der Eilfertigkeit, als sie verlangt wurden, fördern konnte. Allein dieses ist ein Zufall der sich mir selten ereignet, und der öfters nur von ganz kurzer Dauer ist, auch nicht einmal merckbar worden seyn würde, wenn einige von meinen Leuthen nach Gewissen gearbeitet hätten. Leider aber hat mich hauptsächlich deren Nachlässigkeit und Pflichtvergessenheit verhindert, daß ich seit einiger Zeit die mir geschehenen Aufträge nicht mit der Püncktlichkeit, wie sonst, verrichten konnte, wie auch diese ungetreuen Mitarbeiter Schuld sind, daß ich alles angewandten Fleißes ungeachtet etliche 100. f. Schulden habe machen müssen, welche ich jedoch, wenn mir meine Nahrung nicht geschmälert wird, und sich die gegenwärtigen schweren und theuren Zeiten bessern, in balden als ein ehrlicher Mann wiederabzuzahlen hoffe, zumal wenn es mir glückt, daß ich für jene Mietlinge, fleisige und geschickte Mitgehülfen überkomme. Es wendet zwar Supplicant vor, dass er mir nichts von meinen Arbeiten entziehen wolle. Es ist dieses aber ein Versprechen, das er weder halten will noch kann. Für sein Anerbieten hingegen, daß er mir bey überhäuften Geschäften selbst Arbeiten zuwenden wolle, danke ich, und soll er mich nur bey den Rechten lassen, die mir gehören, und die ich titulo oneroso erworben habe.

Wahr ist es, daß sich vor 40. Jahren auser mir noch ein anderer Buchdrucker Namens Schulze hier angesezet hat. Aber ebenso wahr und stadtkündig ist es auch, dass dieser Schulze aus Mangel der Nahrung einen Banquerot gemacht und seine Gläubiger um viele Tausend Gulden verkürzet hat. Eben dieser Fall würde sich auch ereignen, wenn jezt noch eine Druckerey errichtet würde, und gewiß ist es, daß entweder diese oder die meinige zu Grunde gehen müste. Den ich kann Euer Reichshochfreyherrl.[iche] Excellenz gewissenhaft versichern,dass ich öfters zu halben Jahren aus Mangel der Arbeit müsig habe sizen müssen und in dem 7-jährigen Krieg hat sich dieses sogar vierthalb Jahre lang zugetragen. Daß es gegenwärtig einige Geschäfte giebt, ist ein Zufall, der die Anrichtung einer neuen Druckerey sowenig nothwendig macht, sowenig es nüzlich gewesen wäre, wenn die meinige, zu der Zeit, wo ich feyern muste, wäre aufgehoben worden. Überdem mache ich mich hierdurch verbindlich, meine Druckerey in einigen Monathen in einen solchen Stand zu sezen, dass nicht nur die Aufträge der hiesigen Buchhandlung sondern auch alle andern vorkommenden Arbeiten aufs pünktlichste und so gut als in einer von den angesehensten Druckereyen besorgt werden solle.

Bey diesen Umständen bitte ich also Euer Reichshochfreyherrl. Exzellenz umso aufs angelegentlichste unterthänig  Hochdieselben geruhen sich für mich in Gnaden dahin zu verwenden, daß der Supplicant Bergmann mit seinem Concessions Gesuch  Ortes unter Verurtheilung in die dadurch verursachten Kosten gerechtest abzuweisen werde.

Gnädiger Erhörung getröste ich mich zuversichtlich. Sollte aber wider Vermuthung die Errichtung einer zweyten Buchdruckerey absolut für nothwendig erachtet werden; so bitte ich auf diesen für mich betrübten Fall unterthänig, daß Euer Reichshochfreyherrl. Excellenz die Concession dazu meinem Enckel dem Buchdrucker Gesellen Johann Georg Mintzel, der, ihr, sowohl in Ansehung seiner guten Conduite  als auch besonders wegen seiner Geschicklichkeit weit vor dem Bergmann würdig ist, vor diesem Ausländer, in Gnaden auswürcken möchten. Dieser in Verhältniß meines dabey leidenden Verlustes geringen Consolation werde ich hoffentlich würdig seyn und verharre übrigens in tiefer Erniedrigung,

Euer Reichshochfeyherrl Excellenz.

Hof, den 18. Junius 1785.

Unterthänig gehorsamster,

Johann Andreas Hetschel

Dokument Nr. 15

Schreiben des Buchhändlers Carl Johann Albrecht Meyer vom 23. Juni 1785 an den Geheimen Rat und Landeshauptmann  Philipp Ludwig von Weitershausen mit einer Stellungnahme.

Reichsfreyhochwoghlgebohrner Herr, Gnädiger Herr geheimer Rath und Landeshauptmann.

Als ich Ew. Reichsfreyhochwohlgebohrne Excellenz wegen Verbesserung der hiesigen Buchdruckerey-Anstalten unterthänige Vorstellung machte, und zugleich den zu Erreichung dieses Endzwecks in Vorschlag gebrachten Buchdrucker-Gesellen Bergmann in seinem Gesuche zu unterstützen für nothwendig hielt, vermuthete ich nicht, dass dieses zu einem  Schriftwechsel zwischen mir und dem hiesigen Buchdrucker Hetschel Anlaß geben und einem Prozess ähnlich werden würde. Ich stand in der Ueberzeugung, dass Buchdrucker-Preßen, die zuverläßig einen beträchtlichen Nahrungszweig ausmachen, und zumal in der Lage, wie Hof, ansehnliche Summen ins land ziehen können, statt daß seit 15 – 20 Jahren starke Geld, Kosten außerhalb Landes gesendet werden musten, nicht nur hier in Hof, sondern auch höheren Orts einige Aufmerksamkeit verdienten, ja ich ging so weit, dass ich, da mir die Höfer Polizey-Anstalten auf der besten Seite bekannt sind, von dieser Seite einzig und allein durch Berichterstattung meinen Wunsch erfüllt zu sehen hatte. Durch die mir unter dem 20ten dieses Monats zugefertigten und anbey zurückfolgenden Hetschlisch- und Münzlischen Gegendarstellungen, die ich der Kürze wegen in einer Schrift beantworten will, werde ich  eines andern belehrt.

Wahr ist es, dass Hetschel ein Mann ist, der seine Kunst versteht, ich gebe auch sehr gerne zu, daß seine Buchdruckerey vor andern Vorzüge habe, allein was würde. Trattners ganze Buchdrucker-Fabrique, wenn sie nur den dritten Theil der Arbeiten zu fördern im Stande wäre, dem Publikum und mir nützen? Daß ich nicht ohne Ursache diese Beschwerde führe, gesteht Hetschel selbst ein, beweisen meine ungedruckt liegengebliebenen Verlagsartickel, bestätigt,  so ein der andern, auch der heurige Oster-Meß- Catalogus, den ich erst seit 8 Tagen aus der Preße erhalten konnte; und gleichwol beschäftigte nur der 4te Theil meiner heurigenVerlags-Artickel die hiesigen Pressen, oder sollten sie vielmehr beschäftigen, dass blos der Catalogus  von drei Bögen und eine Piece von 7 und einen halben Bogen konnte ich bis dato fertig erhalten, nicht etwann aus Eigensinn des Hetschels, sondern heute ich bis dato fertig erhalten nicht etwann aus Eigensinn des Hetschels, sondern wegen überhäufter Arbeit. So war es nicht nur heuer, sondern schon seit 3 Jahren als ich die hiesige Buchhandlung übernahm in der Hetschelsen Buchdruckerey bestellt. Hetscheln bey solchen Umständen, die Vermehrung der Preßen anzurathen, wäre eben so viel, als Anlaß zu Vermehrung seiner Passiv-Capitalien – zur größeren Unruhe in seinem hohen Alter zu geben. Ich hingegen, bemerke von Jahr zu Jahr den merklichen Schaden, den ich durch die schlechte Korrektur, durch Verunstaltung der Bücher, durch Porto und übertriebenen Zuschuß  bey auswärtigen und ausländischen Pressen leiden muß; ich kann den Ueberschlag machen, dass ich in einem Zeitraum von 20 Jahren wenigstens 30000 fl.  außer Land wegen Mangel an Preßen gesendet werden müßen, und diese Umstände vermüßigten mich,  so hart ich auch daran gieng, einem alten Manne, wie Hetschel, der, ohnerachtet er die Versicherung von mir erhalten, daß ich ihm  jährlich immer so viel Arbeit geben werde, als er zeithero für mich leisten konnte, dennoch über Abbruch an seiner Nahrung schreiet, das zu thun, was ein jeder ehrliche Mann sich und – wo nicht seinem Vaterlande –  doch wenigstens seiner Vaterstadt schuldig ist.

Schulze, der vor 40 Jahren eine starke Buchdruckerey hier besaß, und zu Grunde gieng, lebte nicht in diesen veränderten Zeitläuften, nicht in diesem schreibsüchtigen Jahrzehend, gleichwol war an seinem Untergang nicht Mangel der Arbeit, sondern eine Geldbuße von 500 fl. und der Druck eines starken Werkes Schuld. Vielleicht würden die in den benachbarten Gräflich. Reusischen kleinen Orten vorhandenen Preßen nicht entstanden, nicht so ansehnlich vermehret worden und nun  der Zufluchtsort für mich und die Bayreuther Buchhandlung seyn, wenn Schulze nach eben so  wol, als Hetschel existirte. Ich bin überzeugt, dass Hetschel selbst nicht an dem Fortkommen einer zweyten Buchdruckerey allhier zweifelt, er würde gewis nicht mit seinem Enkel Münzel [das ist Johann Georg Mintzel – A.M.] den Versuch machen wollen, welcher von ihnen am unachtsamsten seyn, und am wenigsten von der jetzigen Zeit profitiren oder,  wlches einerley ist, Banquerot machen werde. Letzterer will den Weg betreten, den Bergmann gebahnt hat, theils weil er sich für  fähiger hält, theils weil er das Glück hat, ein Höfer zu seyn. Ich kenne Münzeln blos aus einer halbstündigen Unterredung; ich spreche ihm seine Geschicklichkeit nicht ab, sondern glaube, dass er der Mann sey, der hiesiger Buchdruckerey bey einer dereistigen Veränderung vorstehen, auch hierzu vor einem andern einen Vorzug haben und Unterstützung verdienen könne. Allein der Bergmann an die Stelle des ehemaligen Schulze treten will, da dieser drey Jahre lang als erster Setzer  in hiesiger Buchdruckerey gestanden, die als hier das Recht des Ausländers  mit dem Rechte des Inngebohrnen  auf der Wagschaale, die dieses Vorzugsrecht nicht kennt, immer das Gleichgewicht hält, da ich endlich nicht ohne Grund vermuthe, dass Münzels Gesuch nichts anders zum Grunde habe, als die Sache so weit zu bringen; wie sie gegenwärtig ist, so kann ich daßselbe nicht anders, als für unbillig und zweckwidrig ansehen. Münzel bemühe sich, die Hetschelsche Buchdruckerey, die seine Voreltern besaßen und die er aus diesem Grunde einer jeden anderen vorziehen wird, zu erheben, als wird ihm diese Bemühung den Wunsch, Bergamann zu verdrängen, gewis vergeßen machen, und meiner Absicht nahe kommen, die keineswegs dahin gehet, die  gegenwärtige einzige Buchdruckerey durch eine andre zu Grunde zu richten,welches, wenn ich mich auch so weit unter das menschliche Gefühl erniedrigen könnte, bey Thätigkeit und Nacheiferung auch nicht einmal in meinen Kräften steht. Bergmann, zwar ein Ausländer, aber ein Mensch, der  troz der Münzelischen Verkleinerung seine Sache versteht und verstehen muß, wenn sich anders Hetschel bey seiner  Berufung  auf seine gutbestellte Buchdruckerey, in welcher Bergmann erster Setzer ist, nicht widersprechen will, wird seine Preße mit dem Theil meiner Verlagsartickel beschäftigen, die ich seit 3 Jahren  auswärts drucken laßen muste, und, eben weil er Ausländer ist, um so eher im Stande seyn, seine Bekannte und Landsleute zu seinen Kunden zu machen.

Ich erharre unter Wierderholung meiner ersten unterthänigen Bitte, und der Hofnung gnädiger Willfähr mit vollkommensten Respect

Ew. Reichsfreyhochgebohrn Excellenz

Hof, den 23. Junii 1785.

unterthänig gehorsamster

Carl Johann Albrecht Meyer

 

 Dokument 16

Schreiben Johann Georg Aemilius Bergmanns vom 5. Oktober 1785 an den Markgrafen von Bayreuth [Quelle: Staatsarchiv Bamberg, C 7 VIII Nr. 2452]

Durchlauchtigster Marggraf, Gnädigster Fürst und Herr!

Aus denen bereits vorliegenden Acten, und denren von der Hochfürstl. Landeshauptmannschaft Hof unterthänigst eingesanden Berichten, werden Ew. Hochfürstl. Durchlaucht, des mehrern gnädigst zu ersehen geruhet haben, daß ich um gnädigste Ertheilung der Concession, zu einer 2ten Buchdruckerey  auf hiesige Stadt, submissest eingekommen bin, und daß mir solche bereits eventualiter gnädigst deferiret worden ist:

Wie nun der Buchdrucker Hetschel dahier weiter nichts einzuwenden vermochte, als daß er vermeynet, einen andern statt meiner unterzubringen, und durch meine Kunst dem Lande dadurch großer Nutzen zuwächst, weil mehr als zu wohl bekannt, daß vieles außer Land gedruckt und somit das Geld dahin gezogen wird, welches  aber ganz gewis weg fällt, als ich bereits schon viele Bestellung habe, wohingegen ich vorhero zu meinem Metier alles neu verfertigen laßen muss, welches doch ohne vorhero erlangte gnädigste Resolution nicht geschehen kann, mithin, da die Meßen herannahen, der Verschub, für mich als einen jungen Anfänger sehr schädlich wäre;

Als falle für dem Thron Ewr. Hochfürstl. Durchlaucht nieder, und bitte in gröster Ehrfurcht demüthigst, HochDieselben wollen Huldreichst geruhen: mich bey solchen vorwaltenden Umständen, in meinen demüthigsten Concessions-Gesuch zu erhören und das genädigste Rescript, worauf ich zu warthen gesonnen  balden ausferttigen zu lassen.

Dafür ersterbe in tiefster Erniedrigung

Ewr. Hochfürstl. Durchl.

Hof, dermalen anwesend in Bayreuth

demüthigster Knecht

Johann Georg Aemilius Bergmann.

Dokument Nr.17

Konzession der markgäflichen Regierung zur Errichtung einer zweiten Druckerei in Hof für den Buchdruckergesellen Johann Georg Ämilius Bergmann vom 11. Oktober 1785:

Von Gottes Gnaden Wir Christian Friedrich Carl Alexander, Z. B. O. et C. etc. etc. Tot. Titul:

Urkunden und bekennen hiermit, wasmaßen bey Unserer Fürstlichen Regierung der Buchdrucker Gesell Johann Georg Emilius Bergmann zu Hof, um die Concession zu Errichtung einer zweyten Buchdruckerey zu gedachten Hof unterthänigst nachgesucht hat.

Nachdem  Wir nun bey denen Von der Landeshauptmannschaft Hof angezeigten Umständen, und in Erwägung des dem Publico  hierunter zugehenden Nutzen und Vortjeils dem Gesuch zu deferiren in Gnaden resolvirt haben; Als verwilligen Wir ihm Bergmann gegen Erlegung Zwanzig Gulden Zum Casten Amt Hof, in Kraft des die gebettene Concession zu Errichtung einer 2ten Buchdruckerey zu besagten Hof und ertheilen ihm hierüber gegenwärtiges Privilegium zu seiner  erforderlichen Legitimation, dergestalten und also daß er bey solcher Buchdruckerey wider alle Beeinträchtigungen geschützt werden soll. Dagegen Wir Uns zu ihm Bergmann versehen, er werde ihm zum Druck anvertraut werdende Sachen sauber und mit gebührendem Fleiß verfertigen, auch sonst jedermann mit der von ihm erfordert werdenden Drucker Arbeit behörig fördern, aber auch nichts von privat-Arbeiten ohne vorher erfolgte Cesur in Druck nehmen, weniger aber Sachen, welche wider das Christentum, die Gesetze und Ehrbarkit streiten, unnüze, schädliche Bücher Schmäh-Schriften, oder andere dergleichen unziemende Dinge, bey Vermeidung schwerer Ahndung, und allerfalßigen  Verlust dieses ihm aus Gnaden ertheilten Privilegii, drucken, Übrigens behalten Wir Uns, Unsern Erben und Nachkommen in der Regierung bevor, künftig nach Befinden darunter zu mindern und zu mehren. Urkundlich ist gegenwärtiges Privilegium mit Beydruckung Unseres Regierungs-Canzley-Innsiegels corroboriret und angefertigt worden. So geschehen

Bayreuth den 11ten Oct; 1785.

(L. S.)

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