54. Vierzig Jahre Universität Passau – Wie die Passauer Alma Mater ihre Jungfräulichkeit verlor

Ein satirischer Nachtrag

[Abbildung: Titelblatt „Schenkendes Verströmen von Gedankenlosigkeit“, 1990]

Ich hatte mir im Sommer 1990 zunächst vorgenommen, den dubiosen emblematischen Devotionalien-Gebrauch der Universität Passau, der in seinen Auswüchsen an den nahegelegen Wallfahrtsort Altöttingen erinnerte, satirisch vorzuführen. Auf den Rat von Kollegen hin war ich dann einen amtlichen Weg gegangen (siehe hierzu die Blog-Kapitel 29, 30 und 31). Norbert Entfellner, Schauspieler am niederbayerischen Landestheater, hatte 1996 diese hier wiedergegebenen Auszüge aus meiner satirischen „Denkmalnach-Schrift“ von 1990 auf Vorschlag und Einladung des damaligen Direktors des Humanistischen Gymnasiums, Dr. Dr. Rudolf Segl (1936-2018), in der Aula des Europäischen Gymnasiums vorgetragen. (Zur Lesung hatte ich die Broschüre publiziert: „Was darf Satire. Erklärung zur Lesung von Auszügen aus der Satire von Alf Mintzel Schenkendes Verströmen von Gedankenlosigkeit – der Madonnenstreit. Montag, 13. Mai 1996 “). Aus Anlass des 40Jahre-Jubiläums der Universität Passau und auf Wunsch interessierter Mitglieder der Universität publiziere ich hier zum ersten Mal zum Amüsement der einen und zum Verdruss der anderen ausgewählte Textteile. Die versteckten Anspielungen überlasse ich unkommentiert der Fantasie.

Wer sich im Internet in der universitätsamtlichen Literatur zur Geschichte der Universität Passau über den Streit um das 1978 eingeführte und 2003 faktisch ausgewechselte Logo der Universität Passau informieren will, wird dort weder einen Literaturhinweis, geschweige denn eine sachliche Darstellung finden. Der heftig und erbittert geführte Streit um die „Maria vom Siege“ im Logo wird, als habe es ihn nie gegeben, völlig verschwiegen. „Weil, so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf“ (Christian Morgenstern). Also noch ein triftiger Grund, diesen satirischen Nachtrag zur 40Jahrfeier  zu veröffentlichen. Blamabel für eine Institution der Wissenschaft, eine Fehlentscheidung des Jahres 1978 universitätsgeschichtlich zu vertuschen.

So steht heute im Corporate Design Manual der Universität Passau zu lesen: „Das Herzstück einer Marke ist das Logo. Es ist ein Untouchable (!)“

Die Verehrung der jungfräulichen Alma Mater zu Sankt Nikola

(Aus: Denkmalnach-Schrift Erster Teil)

Wie manche sehr würdige Professoren, also wirkliche Marienverehrer, sich in ihre himmlische Alma Mater vergaffen und diese gar seltsam verehren, darüber berichtet uns ein seriöser Gewährsmann und berühmter Schriftsteller folgendermaßen:

Als der Augenzeuge und Berichterstatter in das Häuslein zur himmlischen Andacht, Alma Mater zu St. Nikola genannt, eintrat, sah er einen allseits bekannten Professor in Andacht vor seiner Herrin knien. Des Professors lüsternes Auge fiel auf den Fuß seiner Herrin, welcher in einem winzigen, zierlichen Schühlein aus persisch-blauer Seide stak. Sie hatte ihren Fuß sorgfältig auf einen Schemel gestützt, weil sie im Lehnstuhl – oder war es ein erotischer Lehrstuhl? – Gottes gar zu hoch saß, was dem Professor einen wunderbaren Einblick gewährte. Er ließ vor Erregung sein Gebetbuch fallen. Der Fuß seiner Herrin war schmal im Ausmaß, leicht gewölbt, zwei Finger breit und etwa wie ein Sperling so lang, den Schwanz mit inbegriffen vorne spitz und kurz, ein Fuß voller Wonnen, ein jungfräulicher Fuß, der des Küssens so wert war wie ein Schelm des Stricks am Galgenbaum, ein mutwilliger Fuß, ein lüsterreicher Fuß, wohl imstande, einen Erzengel in Verdammnis zu bringen, ein augurisch hellsehender Fuß, ein verteufelt aufreizender Fuß, bei dessen Anblick es einen gelüstete, ein Paar neue, ganz gleiche Schülein zu machen, damit hienieden Gottes herrliche Schöpfungswerke nicht ausstürben.

Am liebsten hätte der Herr Professor, den die Versuchung mit aller Macht kitzelte, diesen höchst beredten und überzeugend lockenden Fuß seines Schühleins entkleidet. Zu diesem Behufe huschten seine Augen, aus denen das ganze Feuer seiner Inbrunst sprühte und glühte, geschwind wie der Schwengel einer Glocke von diesem wonnigen Fuß hinauf zum Antlitz seiner Alma Mater und Meisterin. Er berauschte sich an ihrem blütenzarten Antlitz und trank ihren Atem, und da wusste er wieder nicht, was wohl süßer zu küssen wäre, die frischen purpurroten Lippen ihrer Himmlischen Süße oder dieser beredte, einladende Fuß.

Kurzum sei’s aus Ehrerbietung oder aus schierer Angst, vielleicht aber auch aus übergroßer Liebe, er erwählte den Fuß und küsste ihn hastig, wie’s gerade traf, wie eine Jungfrau die sich nicht recht traut. Dann hob der Herr Professor flugs das Gebetbuch wieder auf, spürte derweil, wie sein gerötetes Angesicht noch röter wurde, und schrie, überwältigt und ganz erfüllt von Wonne und Lust, gleich einem Blinden: Janua coeli! Oh Himmelspförtlein!

Und er war durchhitzt vom glühenden Verlangen und über die Maßen glücklich, dass seine Alma Mater es immer von neuem verstand, eine so betörende Jungfrau zu sein. Er verließ das Häuslein ganz wirbelig und taumelig und nach diesem verwegenen Kuss reicher als ein Dieb, welcher den Opferstock für wissenschaftliche Werke gestohlen hat.

Diesen wunderbaren Erlebnisbericht gab unser Gewährsmann in der Fakultätssitzung zum Besten, und alle waren sich einig, dass der Herr Kollege, ein tapferer Ritter vom Heiligen Grabe zu Jerusalem, von der Jungfrau Maria auserkoren war, Dekan zu werden.

[Abbildung: Zeichnung von Prof. Paul Lankes]

 Die feierliche Home-Coming-Prozession

(Aus: Denkmalnach-Schrift Zweiter Teil)

Vorspann: Die Professoren und ihre Gattinnen und Lebensgefährtinnen bringen in einer „home-coming-Prozession“ die Universitätsmadonna mit Gesängen und Rezitationen zurück in den Dom. Nach Fakultäten geordnet ziehen sie durch die Gassen der Altstadt zum Bischofsitz. Die Prozession endet mit der Übergabe der Devotionalien: der marianischen Nahkampfnadeln, Madonnen-Wachsgüsse, der Madonnen-Schlipse, der Madonnen-Biergläser, der Madonnen-Keramikbecher, der marianischen Wimpel und Autoplaketten an den Pforten des Passauer Domes. Der Bischof von Passau nimmt die Universitätsdevotionalien weihrauchschwingend entgegen, erbarmt sich der verstoßenen „Maria vom Siege“ und gewährt ihr huldvoll Kirchenasyl. 

Der intellektuelle Maskeraden-Zug

Der intellektuelle Maskeraden-Zug der Passauer Professorenschaft ist so bunt und quirlig wie eine Schar Morisken-Tänzer, voran die Diplomaten, gefolgt von den

Abwieglern,

Knödelkopf-Ethnologen,

Ökonomisten,

wirklichen Marienverehrern,

Legitimisten,

Polit-Posaunisten,

Traditionalisten,

geistigen Kurzstreckenläufern,

theoretischen Wolkenschiebern,

mexikanischen Kampfhähnen,

Luftblasen-Rhetorikern,

Kulturschrott-Fetischisten,

Scheinheiligen,

Ohne-Mich-Michels,

Hasenfüße,

Krummrücken,

Katzbucklern,

Karrieredebilen,

Ahnungslosen,

Kurzsichtigen,

Hirnrissigen,

Adamriesen,

Mikro-Chipaner

und vielen Typen mehr.

Die Diplomaten

haben gelernt, in sechs Sprachen zu schweigen und sie wissen auch, dass uns die Sprache gegeben wurde, um unsere Gedanken zu verbergen. Die Diplomaten halten Kritiker des Emblems für gescheite Narren, die nahe an die Wahrheit herankommen, sich aber dadurch das akademische Leben schwermachen. Nur Narren sagen, was sie wissen. Weise dagegen wissen, was sie sagen.

 Die Knödelkopf-Ethnologen

vollziehen in ihrer intellektuellen Springprozession einen kulturellen Perspektivwechsel und meinen, das Emblem gehöre zur Landschaft, zum Bayerischen Kongo und seinen Götzenbildern. Die Universität sei ihr intellektuelles Biotop. Mit dem Emblem ließen sich die Ureinwohner leichter anlocken und beobachten. Die „Wilden“ brächten sogar wohlschmeckende Speisen mit.

 Die Ökonomisten

 sagen: „cash“ – und tanzen mit Maria einen Tango. Sie halten es mehr mit dem Zynismus des amerikanischen fund raising. Wer bezahlt, dessen Namen und Emblem sind universitär ehrwürdig. Schließlich ist Bayern ein christlicher Staat und Passau eine Bischofsstadt. Mit Maria lässt sich die Universität besser verkaufen – ganz wörtlich gemeint.

 Die praktizierenden Marienverehrer

halten Emblem-Kritiker noch immer für geflügelte Drachen, in deren Lästermäuler der Kreuzstab gestoßen gehört – sie nehmen das Emblem atavistisch ernst. Seit Urzeiten hat noch jede Menschenhorde ihr Erkennungszeichen, ihr Kampf- und Jagdsymbol. Unter dem friedensstiftenden Banner ihrer Himmlischen Süße sind doch großartige Kulturleistungen vollbracht – und Hunderttausende erschlagen und zu Tode gequält worden. Vor allem die Wissenschaften sind unter diesem Banner gefördert worden. Armer Giordano Bruno! Was hat die katholische Kirche dir für eine lodernde Himmelfahrt beschert. Du bist zu Maria aufgefahren.

Die Marienverehrer schicken tausend Gebete zur himmlischen Glorie. Möge die Universitätsmadonna den feuerspeienden Fakultätsdrachen wegen Beleidigung ihrer himmlischen Majestät und der religiösen Gefühle ihrer Anhänger strafen. Maria hilf!

 Die marianischen Legitimisten

tanzen erst recht nicht aus der Reihe. Sie haben die Häretiker noch unter jedem irdischen Banner verurteilt. Die Herrschaftstechnik ist bekannt: kraft Macht, kraft Mehrheit, in religiösem Wahn und kraft staatlicher Amtsautorität werden Tatsachen auch dort geschaffen, wo sie nicht hingehören. Nach dem Willen des Heiligen Geistes hat sich die Universitas Pataviensis im Kreisrund um das Emblem zu drehen. Von anderen möglichen Weltansichten nimmt der Heilige Geist in Passau nicht Kenntnis.

Die Ahnungslosen

Die schönste Gruppe im intellektuellen Maskeraden-Zug bilden die Ahnungslosen. Sie sind die wahre Zierde der Universität. Sie haben noch gar nicht bemerkt, wie ihnen geschieht. Das sind die wirklich Unschuldigen im Geiste, die die symbolische Attacke auf die Wissenschaft im akademischen Schlaf überrascht.

Die Polit-Posaunisten 

blasen im Lokal-Rhythmus den Erweckungschoral „Ai, ai, ai, Maria (nach einer Samba-Melodie von 1947)

Die Kurzsichtigen

halten das Emblem für eine Briefmarke des Vatikans und verwenden es gedankenlos weiter.

Die Adamriesen und die Mikro-Chipaner

Dann kommen im intellektuellen Maskeraden-Zug die Adamriesen und Mikrochipaner, die das „Maria bit! bit!“ für ein Software-Programm der Universität halten.

Der Narr

Und am Schluss tanzt der Narr [Mintzel] aus dem Ghetto, weil in Passau der intellektuelle Maskeraden-Zug von hinten angeführt wird. 

Die Emanzipation der Wissenschaft oder: Habt Erbarmen mit Maria!

(Aus: „Denkmalnach-Schrift“ Dritter Teil )

Chöre der Wissenschaftler:

1. Chor (Bariton):

Die Wissenschaft hienieden

Sei säuberlich geschieden

Von Bett und Tisch mit Ihr.

2. Chor (Bass):

Es leiden sonst die beiden

An ihrem ew´gen Streiten

Und bringen so allhier

groß Unheil nur herfür. 

Mariechens überirdische Stimme

(Sopran, von einem aus Regensburg entliehenen Sängerknaben zu singen)

Oh Bischof, lieber Bischof mein!

Die Wissenschaft ist so gemein,

ich will sie immer meiden!

Bring mich zurück in deinen Dom,

ich tauge nicht für ein Diplom.

Geschlagen von Einfältigkeit

verbleib ich lieber Bischofs Maid!

Oh Bischof, lieber Bischof mein!

Es muss nun mal geschieden sein.

Bischof (Tenor)

Oh Heilige Simplicitas,

nun gibt´s in Passau auch noch das!

Den Sündenfall der Wissenschaft,

die sich besinnt auf eig´ne Kraft.

Der Drachenwurm auf dem Emblem

erdreistet sich, wie unbequem,

den Globus einfach umzudreh´n.

Chöre der Wissenschaftler:

 Chor (Bariton)

Mariechen auf dem Kopfe steht,

ihr Kleidchen in den Weltraum weht.

Ei, ei, was sieht die Wissenschaft?

Die Zweifel an der Jungfernschaft.

Chor (Bass)

Die Wissenschaft hienieden

Sei säuberlich geschieden

Von Tisch und Bett mit Ihr.

Chor des Klerus (Tenor)

Oh Heilige Simplicitas,

nun gibt´s in Passau auch noch das!

Wie war´s in Passau ehedem

Doch so bequem!

Große Gelehrte wie Max Weber und Poldi von Ranke hätten sich über das Passauer Schlachtengetümmel um die Universitätsmadonna köstlich amüsiert.

[Abbildung: Passauer Satyrikon Nr.1, Vorschläge für ein neues Universitätslogo]

Musterangebote für Leserbriefe und Stellungnahmen oder: Wie man den Emblem-Streit öffentlich befruchten kann

(Aus: „Denkmalnach-Schrift“ Vierter Teil)

(Kleine Auswahl fingierter (!) Leserbriefe und anderer Stellungnahmen, verfasst im Sommer 1990 vor (!) dem Shitstorm in der Passauer Neuen Presse).

Die PNP hatte sich in Herbst 1990 für die Beibehaltung des Marienlogos stark gemacht und zahlreiche erboste und gehässige Leserbriefe abgedruckt, die meine, dem erwarteten Streit vorweggenommenen fiktionalen Leserbriefe, an Realsatire noch übertrafen. 

Leserbrief 

Als gläubige Katholikin möchte ich auf die geschmacklosen, verletzenden und im Geiste ganz und gar widerwärtigen Angriffe auf die Muttergottes und die „Kirche von Passau“ den Nestbeschmutzern, Schmierfinken, Atheisten, Nihilisten und Relativisten Folgendes antworten:

Es sollte bei der Berufung von Professoren an die Universität noch strenger darauf geachtet werden, dass der Glaube und die Interessen der „Kirche von Passau“ nicht missachtet werden. Ich appelliere an die Vertrauensleute der „Kirche von Passau“ unter den Professoren, auf die confessio fidei ihrer Kollegen größtes Augenmerk zu legen. Wir Passauer Katholiken haben kein Verständnis für eine gottlose Wissenschaft, in der die Muttergottes keinen Schutz genießt. Es ist eine Schande für die Universität Passau, dass dort Wissenschaftler lehren, die die Muttergottes nicht achten und aus der Universität ausweisen wollen, hat doch der Zusammenbruch des kommunistischen Systems jedem wachen Geist gezeigt, dass die Wahrheit und die Kraft des Christentums unbesiegbar sind. Niemand wird hier gezwungen, an der Universität Passau zu bleiben. Die widerwärtigen Schmierfinken und Gotteslästerer sollten sich schleunigst an anderen Universität bewerben.

Kreszenz Knödldick, Maria Hilf 101, 8390 Passau

Leserbrief

Da gibt es einige arrogante Professoren, die meinen, sie könnten anderen die Heilige Muttergottes mit dem Hinweis auf Wissenschaftlichkeit und Wissenschaft ausreden. Das ist eine Arroganz des eingebildeten Besserwissens. Man braucht diesen intellektuellen Spaziergängern auf der Innpromenade nur ins Gesicht zu schauen und man sieht schon auf den ersten Blick, wessen Geistes Kind diese Müßiggänger und Pamphlet-Schreiber sind. Die Mehrzahl der akademischen Bürger Passaus wird diese Arroganz sicher unnachsichtig bestrafen.

Anton Himmelreich, Fritz –Schäffer-Promenade 6, 8390 Passau

[Abbildungen von tatsächlichen Leserbriefen]

Leserbrief

Die Marienverehrer und das bayerische Staatsmysterium für Wissenschaft und Marienkultus zeigen marienklar keinen Respekt vor dem Glauben anderer, geschweige denn vor der Autonomie der Wissenschaft. Empfindlichkeit gebührt allein der katholischen Seite!

Vastl Sammarei, Zivildienstler, Marienspital, 8390 Passau

Leserbrief

Ich hatte schon immer den Verdacht, dass die feierliche Haltung der Professoren ein Trick ist, Fehler des Geistes zu verbergen. Die Kritiker des Marienemblems haben ganz Recht, wenn sie sagen, die monokulturelle Synapsen-Verödung der Professorengehirne führe zu einer einfältigen feierlich-devoten Körperhaltung. Das zeigt sich gerade auch in den akademischen Auswüchsen der Marienverehrung an der Universität Passau. Es gibt Professoren, deren Kopf ist nur der Knauf ihres Kleiderständers. Sie vertreten unterwürfig ihren Stand.

Immanuel Königsberger, Gottfried-Schäffer–Korso 13, 8390 Passau

Leserbrief 

In den Kontroversen über das Logo der Marienuniversität Passau ist die Emanzipation der Frau von wissenschaftlicher Lust viel zu wenig bedacht worden. Maria fördert insbesondere auch das Wohlergehen der Wissenschaftlerinnen. Dank Mariä erhielten Frauen schon früh Zugang zur Wissenschaft. Maria ist deshalb auch das vorbildhafte Emblem aller Wissenschaftlerinnen. Ich meine, die Universität Passau braucht keine „Frauenbeauftragte“, sie hat Maria. Das Quotenproblem scheint mir an der Universität endgültig und optimal gelöst zu sein. Die Immaculata weist hier der wissenschaftlichen Nachwuchspflege den Ausweg. Zu den vollkommenen Männern der Fakultäten gehört nun einmal die vollkommene Frau, und da gibt es nur die Eine, Unsere Liebe Frau – den Frauen zum Trost und Vorbild. Die intellektuelle Jungfräulichkeit der Universität Passau ist die terra metaphysica ihrer Hohen Wissenschaft.

Univ.-Prof. Dr. Victor von Lustenau

Thomas-von-Aquin-Institut für christliche Frauenforschung der Universität Passau, Große Messergasse 6, Passau 8390

Stellungsnahmen aus der Universität

Die Fakultät für Mathematik und Informatik hat mit Amüsement die sarkastische Denkmalnach-Schrift über das Universitätsemblem zur Kenntnis genommen und fachbezüglich diskutiert. Die Fakultät goutiert die Ironie des „Maria bit! bit!“. Sie stellt zur Sache fest, dass mit Hilfe der Software-Programme Maria nicht im Großrechner gefunden werden konnte. Es gelang jedoch den Wurm zu entdecken und zu zerhacken. Was den fakultätsoffiziellen Briefkopf anbelangt, sind wir der Emblem-Falle geistesgegenwärtig entgangen. Die Denkmalnach-Schrift hat uns vor einem Virus-Problem bewahrt und viele Kosten gespart.

Das auf unserem Emblem der zuletzt [1985] eingerichteten Fakultät für Mathematik und Informatik gezeigte Symbol „Pi“ sei kurz erklärt: Es bedeutet so viel wie „just born and already pipi“.

[Abbildung: Amtlicher Briefkopf mit dem Emblem „Pi“]

Prof. Dr. Modula Chipnbyte, Sprecherin der Fakultät für Mathematik und Informatik, Universität Passau, Innstraße 33

Stellungnahme der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät

Der Streit über das Marken-Zeichen der Universität Passau erweist sich unter betriebswirtschaftlichem Gesichtswinkel der operations research als kontraproduktiv. Die Muttergottes ist für die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät ein reines Verpackungs- und Absatzproblem. Nach der neuesten ökonomischen Entscheidungs- und Risikotheorie ist Maria absatzwirtschaftlich ein Schlager. Wir sehen in „Cash und Tango“ kein wissenschaftsethisches Problem. Zu Glaubensfragen nimmt die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät prinzipiell keine Stellung.

Univ.-Prof. Dr. Justin Time Schmolensky, Lehrstuhl für Corporate Identitiy Research, Universität Passau, Domplatz 1(Vis a vis vom Marienpförtlein)

Lehrstuhl für alteuropäische Kulturideale und katholisch-abendländische Verteidigungsfragen:

Es zeugt von Unwissen und Gesinnungslosigkeit, die Übernahme des Marienemblems als eine „mentalitätsgetragene Gedankenlosigkeit des Knödelfundamentalismus“ zu bezeichnen. Der Leser frage sich selbst: Haben Knödl ein Fundament? Frivol ist vielmehr, sich im nicht-akademischen Stile des Verfassers an den höchsten Kulturgütern des Abendlandes zu vergreifen.

Der schlampige Umgang des Pamphletisten Mintzel mit der Geschichte zeigt sich in seiner Zitierweise und in der falschen Wiedergabe von Namen. Rankes Vornamen war nicht Poldi, sondern Leopold. Ranke ließ sich im Kulturkampf des 19. Jahrhunderts grob fahrlässig Einseitigkeiten zu Schulden kommen. Er kann deshalb an der Universität Passau nicht als Lektüre empfohlen werden.

Die Universität Passau hat als niederbayerische Regionaluniversität die Aufgabe übernommen, das katholische Land- und Stadtvolk behutsam an die richtig verstandene moderne Wissenschaft heranzuführen. Das Marienemblem betont diese vornehme und großartige Aufgabe. Will der Verfasser des Pamphlets den Kulturkampf des 19. Jahrhunderts an die Universität Passau zurückrufen? Ihm wird eine katholische Lektion erteilt werden!

Mit seinem Hinweis auf das öffentliche Bekenntnis der Marianischen Bürgerkongregation zu Passau stellt der Verfasser eine böswillige Verbindung mit dem Universitätsemblem her. Das Bekenntnis hat folgenden Wortlaut: „Heiligste Jungfrau und Mutter! Im Verlangen, Dir zu dienen, erwähle ich Dich zu meiner Herrin, Beschützerin und Mutter“ (PNP Nr. 104 vom 07. 05. 1990). Der marianische Auftrag der Kongregation lautet: „Die gegenseitige Ermutigung zur Glaubensverbreitung und zum Leben aus dem Glauben in der Welt einzutreten und selbst aus dem Glauben leben.“

[Abbildung: Presseberichte über die Marianische Kongregation und andere religiös-konfessionelle Ereignisse in Passau]

Die Universität Passau ist der Muttergottes unterstellt und geweiht! Fällt das Universitätsemblem, fällt Passau in nihilistische Hände, und fällt die marianische Bastion Passau, geht das Abendland unter. „Die Kirche von Passau“ hat auf amtlichen Wegen der Universität Passau ihr schönstes Emblem vermacht, eine kämpferisch-gegenreformatorische Siegerin in allen Schlachten Gottes. Die anderen Konfessionen an der Universität Passau werden marienemblematisch liquidiert. Das nennt „die Kirche von Passau“ eine gesunde Marienverehrung. Wer sich daran stört, hat die (Heils-) Zeichen der Zeit nicht verstanden.“ (PNP Nr. 99 vom 30. 04. 1990)

Univ. Prof. Dr. Gottlieb-Maria Kleingabriel, Lehrstuhl für alteuropäische Kulturideale und katholisch-abendländische Verteidigungsfragen, Universität Passau, Am Schießplatz 150, 8390 Passau

Stellungnahme der Pressestelle der Universität Passau:

Präsident und Kanzler der Universität Passau sehen sich aufgrund der öffentlichen Kontroversen über das amtliche Emblem der Universität zu folgender Stellungnahme gezwungen:

Die Universitätsleitung bedauert, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck hervorgerufen worden ist, es gäbe in der Universität auch nur im Ansatz eine kontroverse Meinung und Diskussion in Bezug auf das amtliche Emblem der Universität. An der Universität herrscht peinliches Schweigen. Über das Emblem wird prinzipiell nicht nachgedacht. Die Marienkinder sind brav und zufrieden und führen, ein jedes an seinem Platz, ein frommes Leben. Die Professoren befleißigen sich einer sachlichen und frommen Argumentation, weil sie Glauben und Wissenschaft nach modernen Gesichtspunkten auf unerhört kühne Weise zu verbinden wissen.

Die Universitätsleitung stellt prinzipiell fest, dass die freie Meinungsäußerung ihrer akademischen Bürger in Wort, Schrift und Bild ein unveräußerliches Grundrecht ist, es sei denn es dreht sich um gremieninterne Angelegenheiten, die der Schweigepflicht unterliegen. Das Marienemblem unterliegt der Schweigepflicht. Eine Diskussion darüber ist für die Universität rufschädigend und stört den Passauer Religionsfrieden.

Das Emblem hat eine andere Bedeutung als ihm irrtümlich unterstellt wird. Das Emblem soll auf eine wissenschaftsskeptisch eingestellte Bevölkerung beruhigend wirken und die Arbeit der Wissenschaftler vor wissenschaftsfeindlicher Neugier schützen. Die katholisch-christliche Deutungsmöglichkeit muss dabei in Kauf genommen werden. Die Bezeichnung als „geistliche TÜV-Plakette“, als „Denkstopp-Emblem“ und als „Tabu-Zeichen“ ist eine beleidigende Fehldeutung.

Dem Emblem wird universitätsamtlich folgender Bedeutungsgehalt zugeschrieben: Die junge Mutter muss in einer ernährungswirtschaftlichen Notsituation auf Wurm-Fang gehen, um ihr vom Hunger bedrohtes Kind zu ernähren. Es geht darum, einen möglichst großen, nährreichen Wurm zu erwischen. Das Emblem ist darüber hinaus ausgesprochen frauenfreundlich. Es erinnert die Studentinnen und das weibliche Lehrpersonal an ihre kräftige Frauennatur und zeigt, wie eine alleinstehende Mutter mit einem Kind auf dem Arm einen großen Wurm zu fangen imstande ist. Der als Zepter bezeichnete Gegenstand in der rechten Hand der Mutter ist ein Wurfgeschoss, mit dem die aufgespießten Würmer den Gnadenstoß erhalten. Das Emblem ist insofern ausgesprochen tierfreundlich. Es gibt den lehrreichen Hinweis, wie man die Qualen eines armen Wurms verkürzen und seinen Abschied aus dem Leben erleichtern kann.

Der Verfasser der Denkmalnach-Schrift ist in seiner öffentlichen Meinungsäußerung über das geziemende Maß frommer Redlichkeit weit hinausgegangen und hat die tiefreligiösen Gefühle zahlreicher Bürger aufs Gröbste bestätigt. Deshalb muss ihm die Würde eines Professors abgesprochen werde. Nachdenken über den Gebrauch eines irrtümlich für ein religiös-konfessionelles Emblem gehaltenes Logo darf nicht folgenlos bleiben. Der Präsident hat dem Verfasser nahegelegt, die Universität zu verlassen.

Die Universitätsleitung erläutert auf Anfrage gern ihre wurmstichigen Argumente im Sinne einer zweiten Aufklärung. Die Pressestelle wird einen schriftlichen Wurmfortsatz kostenlos zur Verfügung stellen.

Pressestelle der Universität Passau, Dr. Hans-Kapfinger-Straße 2, 8390 Passau

Die Universität Passau führte im Jahre 2003 ein konfessionsneutrales Logo ein und veränderte ihre Selbstdarstellung (corporate identity) und ihr Erscheinungsbild (corporate design) nach innen und außen. Der ursprünglich gedachte Zweck der Satire war auf amtlichen Wegen, wie in den Blog-Kapiteln 29 und 30 beschrieben, mit dem Instrument einer experimentellen Intervention erreicht worden. Die „Maria vom Siege“, die „Untouchable“, verschwand im Jahre 2003 aus dem Universitätshimmel und wurde seither nie wieder gesehen.

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