58. Gott vor dem Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte – eine fiktionale Anklage

Vor etlichen Jahren hatte ich angefangen, eine fiktive Anklageschrift gegen Gott für einen Prozess vor dem Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte vorzubereiten. Ich lege sie in Auszügen hier zum ersten Mal vor. Die Anklagepunkte hatte ich in der ursprünglichen Fassung jeweils mit einem Spruch aus der Bibel versehen. Angesichts der historischen und gegenwärtigen Gewaltexzesse und Kriege wollte ich damit verdeutlichen, wie zynisch uns heute diese Lobsprüche über Gott und Gotteswerk anmuten können.

 

Charlie Hebdo, Numéro Spécial / Nr. 1224, 6. Januar 2016

Wanted!

Die Nachrichtenagenturen melden: Wanted! Gott zur Fahndung ausgeschrieben- sofern es ihn gibt.Gott, zurzeit flüchtig, Aufenthaltsort unbekannt (angeblich im Himmel); Eröffnung des Verfahrens in Abwesenheit des Angeklagten. Von Interpol global zur Fahndung ausgeschrieben; schwer bewaffnet; als gemeingefährlich eingestuft; der Flüchtling soll sich unterschiedliche Identitäten beschafft haben und in verschiedenen Maskeraden auftreten. Das von Interpol auf Grund von Beschreibungen des Angeklagten gewonnene Phantombild hat sich bisher wegen der unterschiedlichen Erscheinungsweisen, seine Verehrer sprechen von „Emanationen“, als ungeeignet erwiesen. Die islamistischen Terroristen behaupten, in seiner wahren Erscheinungsform trete er als Allah auf. Jeder Fahnder und jede Abbildung des Propheten wird mit dem Tode bestraft. Allahu akbar! „Gott ist größer!“
Gott soll an verschiedenen Orten gesichtet worden sein. In den USA wollen ihn Passanten im Bibel Belt gesehen haben. Er werde dort, so heißt es, von Sympathisanten auf einer Range versteckt gehalten. Bisher sei kein Zugriff gelungen. Andere glauben ihn auf einer Straße unter Zeugen Jehovas beim Verkauf des „Wachturms“ entdeckt zu haben. Als die Polizei eintraf, war er angeblich verschwunden. Er soll auch an einem weit entfernten Ort gesehen worden sein. Der Heilige Geist und ein Engelsschwarm hätten seine Verhaftung verhindert, indem sie die Fahnder mit sonderbaren Flugkünsten abgelenkt hätten. Aus Deutschland wird gemeldet, er habe sich an der Universität Passau hinter seiner „Maria vom Siege“ verschanzt, hinter der Siegerin in allen Schlachten Gottes (siehe Blog-Kap. 29 und 30). Theologen behaupten gar, Gott sei überhaupt nicht zu fassen. Steckbriefe und Suchbilder führten nicht zu ihm. Gott sei ein mysterium strictissime dictum, ein unergründliches ortloses Geheimnis. Skeptiker, Religionskritiker und andere Experten weisen zwar darauf hin, dass Gott Kriegsschauplätze, Folterstätten, Konzentrationslager und Schlachthöfe peinlich meide, weil er mit seinem handwerklichen Pfusch am Weltenbau nicht konfrontiert werden wolle. Er könnte sich aber in einem Massengrab unter den Toten versteckt haben. Die Präsidentin der Universität Passau, Prof. Dr. Carola Jungwirth, hofft jedenfalls, ihm mit einem besonderen Qualitäts- und Diversity-Management (PNP Nr. 171, 27.07.2017, S. 22) auf die Spur zu kommen, indem sie angeblich im Namen der Wissenschaft und aller Wissenschaftler an der Fronleichnamsprozession teilnimmt. Carola Jungwirth meint wohl, Gott sei in der ständeordentlichen Prozession im Allerheiligsten zu finden. (Ökumene auf gut katholisch!). Sein letzter Zufluchtsort sei vermutlich der niederbayerische Provinzidyllen-Katholizismus. Auch damit sei zu rechnen: Möglicherweise verstecke sich Gott in Passau hinter der größten Orgel der Welt. Klopfe Gott in seiner Not nachts heimlich an, gewähre der Bischof von Passau, Stefan Oster, dem gesuchten Migranten kein Kirchenasyl, weil er den Bittsteller Jesus nicht erkenne.
Besondere Vorsicht ist vor Emanationen in Gestalt von Vorgartenzwergen geboten, die uns das Du anbieten! Papst Benedikt XVI. gab einen paradoxen Hinweis zum Auffinden Gottes: „Gott (habe) sich klein gemacht für uns. Gott (käme) nicht mit äußerer Macht, sondern er komm(e) in der Ohnmacht der Liebe, die seine Macht (sei). Er (gäbe) sich in unsere Hände. Er (bäte) um unsere Liebe. Er (lade) uns ein, selbst klein zu werden, von unseren hohen Thronen herunterzusteigen und das Kindsein vor Gott zu erlernen. Er (böte) uns das Du an. Er (erbitte), dass wir ihm vertrauen und so das Sein in der Wahrheit und in der Liebe erlernen.“ (Papst Benedikt XVI, Ansprache in Mariazell am 08.09.2007, L´ Osserv. Romano 37/07, 10f). Anthropomorphe Gartenzwerg-Emanationen dienen dem Flüchtigen als Betrugsmittel.
Hinweise auf seinen derzeitigen Aufenthaltsort nimmt jede Polizeistation entgegen. Für seine Entdeckung und erfolgreiche Ergreifung ist der Nobelpreis ausgelobt worden.

 

Gottesbegriffe der christlichen Theologie

Warum noch einmal die Problematik der Theodizee durchdeklinieren? Was ist das für ein Gott? Sage ich nicht, es sei pure Zeitverschwendung sich damit zu befassen? (siehe Blog-Kap. 45)

Die christliche Theologie behauptet, Gott sei der Inbegriff der Liebe. Angesichts der Wirklichkeit von Folter, Massaker, Massenmord, Völkermord und Leichenbergen scheint diese Behauptung wie ein Hohn. Ist er wirklich ein liebender Gott? Was hat der allmächtige, liebende Gott „Großes“ an den Menschen getan?

Die christliche Theologie behauptet, Gott sei allmächtig. Warum hat er Folter, Massaker, Massenmord, Völkermord und andere Untaten zugelassen? Hätte er als liebender und allmächtiger Gott nicht einschreiten und die Gräueltaten abwenden können?

Die christliche Theologie behauptet, Gott sei allgegenwärtig. Er sei zu jeder Zeit in jedem Moment und an jedem Ort gegenwärtig. Hat er nur zugeschaut, als die Leichenberge aufgehäuft wurden? Hat er geschlafen, als unschuldige Kinder in Gaskammern umgebracht wurden?

Die christliche Theologie behauptet, Gott sei absolut weise. Welche Weisheit besteht darin, alle die Gräuel und Grausamkeiten zuzulassen, die sich Menschen antun?

Die christliche Theologie behauptet, Gott sei allwissend. Warum hat er seine Allwissenheit und Weisheit nicht dazu verwendet, in seinem Schöpfungsakt den Menschen mit besseren Eigenschaften auszustatten? Er hätte doch in seiner Allwissenheit und Allmacht erkennen müssen, dass er unfriedliche und grausame Geschöpfe geschaffen hat.

 

Christliche Theologie im Faktencheck

Wo war Gott? Wie konnte ein liebender Gottvater die Grausamkeiten und Gewaltexzesse zulassen? Unter seinen Augen wurde gefoltert, vergewaltigt, sterilisiert, verschleppt, gehenkt, erschossen, vergast, verbrannt, in medizinischen Experimenten gemartert. Aus den Schlöten der Todesfabriken des nationalsozialistischen Terrorregimes drang himmelwärts riechender Qualm. Aber Gott scheint nicht gerochen zu haben, was da unten vor sich ging.
Dies alles geschah in meiner Lebenszeit, manches geschah nicht weit entfernt.

Gewiss, meine Liste der Grausamkeit ist selektiv, greift aus Tausenden „Vorfällen“ sehr verschiedene geografische Situationen, Vorgänge, Zusammenhänge und politische Konstellationen heraus. Aber jeder Anklagepunkt verweist auf die Bestie Mensch und auf Gottes Nicht-Handeln und Wegschauen. Schon in meiner Jugendzeit hatte sich bei mir eine unfassbare Angst davor eingestellt, wehrlos von irgendwelchen Schächern und Mördern gepeinigt und getötet zu werden. Ich gehöre zur „Generation der Davongekommenen“ (siehe Blog-Kap. 40). Ein Trauma ist geblieben. Meine Liste der Bestialität wäre ohne diesen Hinweis nicht ganz zu verstehen. Es geht nicht darum, die Liste wissenschaftlich zu ordnen, ihre Selektivität zu begründen und auf ein analytisches Niveau zu heben. Es sind ungeordnete Schreckensmeldungen und Berichte, die uns täglich erreichen und erschüttern.

 

Liste der Bestialität

J´ accuse! Zur Vorbereitung der Verfahren gegen Gott vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg und vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Anklage wegen der Schaffung und Duldung von Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und verbrecherischer Aggression. Missachtung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ vom 10.12.1948 und Unterlassung von Hilfe bei Verstöße gegen sie.

„Die Theologie behauptet [und Abermillionen von ihr indoktrinierte Christen – A.M.], Gott müsse sich für das Übel und Leiden in der Welt nicht rechtfertigen, denn er habe es ja nicht verursacht, sondern die Menschen selbst, indem sie das Böse in die Welt brächten. Dies könne man nicht einem Gott in die Schuhe schieben“ (Geißler 2017: Kann man noch Christ sein, S. 27). Es sei die raffinierteste Erfindung der Theologie gewesen, den freien Willen, den Gott dem Menschen geschenkt habe, für die Übel und Leiden verantwortlich zu machen und Gott zu exkulpieren. Habe Gott mit der Freigabe des Denkens, Willens und Handelns nicht das Böse erlaubt und ermöglicht? Es gehöre doch zum Schöpfungswerk Gottes, den Menschen so veranlagt zu haben, dass er auch Böses tut. Folglich: Nicht der Mensch müsse sich für sein Tun vor Gott rechtfertigen, sondern Gott vor den Menschen. Gott müsse, sofern es ihn gäbe, als Schöpfer der Welt für seinen Pfusch geradestehen (ebd., S.10, 22, 73). Die Lobpreisungen auf Gott seien angesichts der Wirklichkeit ein Hohn. “Während auf der Welt ununterbrochen gefoltert und gemordet wird, werde Gott in den höchsten Tönen gepriesen.“ (ebd., S. 32f).

 

Alf Mintzel, Die Schrecken des Krieges XII: Opfer, Lithographie, 2006

Babij Jar, 1941
Halleluja! Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich“ (Psalm 106,1)

Am 29. und 30. September 1941 treiben Sonderkommandos, geheime Feldpolizei, Angehörige der Waffen-SS und ukrainische Nationalisten 33 771 Juden in die in der Ukraine gelegene Schlucht von Babij Jar, zwingen größtenteils Kinder, Frauen und alte Menschen sich nackt auszuziehen, erschießen alle und verscharren sie in einem Massengrab. Bis zum Abzug der deutschen Wehrmacht aus Kiew 1943 blieb die Schlucht Hinrichtungsstätte, an der auch viele Sinti und Roma ermordet wurden. Die Schlucht wurde später zugeschüttet und das Massaker verschwiegen.

 

Alf Mintzel, Die Schrecken des Krieges VII, Lithographie, 2006

Massaker von Lidice, 9./10. Juni 1942
Was Gott tut, das ist wohlgetan; der Name des Herrn sei gelobt (Hiob 1, 20-22)

In der Nacht vom 9. auf den 10. Juni 1942 ermordet ein SS-Kommando 340 Einwohner des tschechischen Dorfes Lidice. 173 Männer werden sofort liquidiert, Frauen und Kinder in nahegelegene Konzentrationslager verschleppt und dort vergast. Das Dorf wird in Brand gesteckt und verwüstet, die Leichen in einem Massengrab verscharrt. Das Massaker war ein Racheakt für die Ermordung des SS-Obergruppenführers Reinhard Heydrich, des stellvertretenden Reichsprotektors im Protektorat Böhmen und Mähren. Heydrich war an den Folgen des Attentats gestorben, das tschechische Widerstandskämpfer verübt hatten. (SZ Nr. 116, 20./21.05.2017)

 

Alf Mintzel, Folter, Zustand 4, Lithographie, 2006

Auschwitz-Birkenau
Aber wie köstlich sind vor mir, Gott, deine Gedanken! Wie ist ihrer so eine große Summe! (Psalm 139, 17)

Im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau werden 1,3 Millionen Menschen ermordet. Auschwitz wird zum Inbegriff des Holocaust.

 

Hiroshima, 06.08.1945
Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut! (1. Mose 1,31a)

8.15 Uhr Ortszeit. Der US-amerikanische Pilot der B-29 klinkt „Little Boy“ aus, die erste Atombombe in der Menschheitsgeschichte. Die vier Tonnen schwere Uran-235-Bombe explodiert 8.16 Uhr Ortszeit in 600 Metern Höhe über dem Zentrum der japanischen Stadt Hiroshima. Sie setzt eine Sprengkraft von 16 Kilotonnen TNT-Sprengkraft frei. Die Bombe verwüstet ein 13 Quadratkilometer großes Gebiet und siebzig Prozent der Gebäude. Mindestens 75.000 Menschen sind sofort tot. Sie sterben in den Trümmern der einstürzenden Gebäude und verbrennen in Sekundenschnelle im atomaren Feuerball, der noch am Boden Temperaturen von 6000 Grad Celsius erreicht. Der Atompilz steigt 13 Kilometer hoch in die Atmosphäre. Wer die Explosion überlebt, hat meistens schwere Verbrennungen. In den Wochen nach dem Abwurf der Bombe sterben noch einmal 70 000 bis 100 000 Menschen qualvoll an den direkten Folgen. An den Spätfolgen (Leukämie, Herz-, Leber- Augenkrankheiten) gehen weitere 100 000 zugrunde. Bilanz des Verbrechens: „270 000 Menschen starben durch eine einzige Bombe.“ (Internationale Ärzte zur Verhütung eines Atomkrieges).
Pilot der B-29, der die Bombe ausklinkte, hieß Paul Tibbers. Er hatte das Flugzeug nach dem Namen seiner Mutter Enola Gay genannt. Der Hiroshima-Pilot wurde in den USA als Held, der Abwurf als heroische Befreiungstat gefeiert. Tibbers antwortete 1981 in einem Interview auf die Frage, ob er ein schlechtes Gewissen habe: „Nein, damit halte ich mich nicht auf. Es gibt zu viele neue und interessante Dinge in meinem Leben. Jeden Tag muss ich eher darüber nachdenken, als über so etwas wie Hiroshima. Ich lebe nicht in der Vergangenheit“ (DIE ZEIT Nr. 32, 06.08.2015, S. 19).
Telford Tayler, der Chefankläger in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse gegen die NS-Führer, nannte den Einsatz der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki „ein Verbrechen, für das ich nie eine plausible Rechtfertigung gehört habe“ (SZ Nr. 179, 06.08.2015, S. 7; DIE ZEIT Nr. 32, 06.08.2015, S. 18ff).

 

Alf Mintzel, Die Schrecken des Krieges IX, Lithographie, 2006

Vietnamkrieg USA/Vietkong, 1955–1968
Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm (1. Johannes 4,16)

Die USA setzen Napalm B gegen die zivile Bevölkerung ein. Napalm B besteht aus einem Gemisch aus Benzin, Benzol und Polystyrol, das eine lange verheerende Brenneigenschaft hat. Ein Kanister, gefüllt mit 380 Litern, der aus einem Flugzeug abgeworfen wird, setzt eine Fläche von mehr als 1200 Quadratmetern in Brand. Bei günstigem Wind potenziert sich die Vernichtungskraft. Menschen können sich kaum schützen. Das Feuer breitet sich mit rasender Geschwindigkeit aus und brennt alles nieder. Napalm B frisst sich mit 800 bis 1200 Grad Celsius durch jede Art von Kleidung und verbrennt die Haut und Knochen. Napalm B dringt in Laufgräben, Unterstände und Bunker ein, zieht durch alle Ritzen und Löcher.
Der Sicherheitsberater des 1968 gewählten Präsidenten der USA, der US-Politiker Henry Kissinger, empfahl Richard Nixon, den Krieg gegen Nordvietnam auszuweiten und Napalm B einzusetzen. Angeblich war der „Sicherheitsberater“ Kissinger ein von Gott gesandter Todesengel gegen das „Böse“ (Nordvietnam). Der Vietnamkrieg war das reine Grauen. Am Ende waren mehr als 58.000 Amerikaner tot. Die Zahl der getöteten Vietnamesen wird auf drei Millionen geschätzt.

 

Massaker von Vukovar, 20.11.1991
Gottes Wege sind vollkommen/ die Worte des HERRN sind durchläutert./ Er ist ein Schild allen, die ihm vertrauen. (Psalm 18, 31)

Mitglieder der Jugoslawischen Volksarmee und Mitglieder jugoslawischer Freischärler-Verbände aus Serbien verüben während der Loslösung Kroatiens aus der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien nahe der kroatischen Stadt Vukovar ein Massaker an der Zivilbevölkerung. Reguläre Truppen der Jugoslawischen Volksarmee nehmen am 20.11.1991 aus dem Krankenhaus von Vukovar 400 Patienten gefangen und bringen von ihnen 300 an einen Ort nahe der Stadt Vukovar. Hunderte von ihnen werden in 10er- und 20er Gruppen aufgeteilt, in nahegelegenen Orte gebracht, 200 werden von Angehörigen der Armee und von Freischärlern ermordet und in einem Massengrab verscharrt.
(https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Vukovar !3.03.2017)

 

Alf Mintzel, Die Schrecken des Krieges XIV, Lithographie, 2006

Das Massaker von Srebrenica, 1995
Jauchzet Gott, alle Lande! (…)rühmet ihn herrlich! Sprecht zu Gott: Wie wunderbar sind deine Werke! (Psalm 66, 1–3)

Im Juli 1995 werden in der Gegend von Srebrenica unter Führung von Ratko Mladic, einem General der bosnisch-serbischen Armee der Republika Srpska, der Polizei und serbischen Paramilitärs bis zu 8000 Bosniaken ermordet. Der Massenexekution fallen Tausende Männer und Jugendliche, Frauen, Kinder und Alte zum Opfer. Die Massenexekutionen dauern mehrere Tage. Die Leichen werden mit schwerem Erdräumgerät verscharrt. Der Internationale Gerichtshof bewertete 2007 das Massaker als Genozid.

 

Guantanamo, seit 2002
Wir haben gesündigt und sind ungehorsam gewesen, darum hast Du billig nicht verschont; sondern du hast uns mit Zorn überschüttet und verfolgt ohne Barmherzigkeit erwürgt (Jeremias 5, 12)

Nach dem 11. September 2002 bauen die USA auf dem US-amerikanischen Stützpunkt Guantanamo ein abgeschiedenes Gefangengenlager auf, in das mutmaßliche und tatsächliche Taliban- und Al Kaida-Kämpfer verbracht werden. Die Terrorverdächtigen werden gegen internationale Regeln und Menschenrechten gefesselt in Drahtgehegen gefangen gehalten, systematisch gefoltert und ohne Anklageerhebung und Rechtsbeistand gelassen.

 

Süddeutsche Zeitung, Nr. 35, 2. September 2005, © Süddeutsche Zeitung GmbH, München, mit freundliechr Genehmigung von SZ Content

Folterungen im Abu-Ghraib-Gefängnis, 2004 bis 2006
Ich erkenne, dass du alles vermagst und nichts, was du dir vorgenommen, ist dir zu schwer (Hiob 42, 2,4)

Während der militärischen Besetzung des Irak durch die USA kommt es in dem in der Nähe von Bagdad gelegenen Abu-Ghraib-Gefängnis in den Jahren 2004 und 2006 zu Folterexzessen des US-amerikanischen Wachpersonals. Irakische Gefängnisinsassen wurden vielfach misshandelt, gefoltert und vergewaltigt, oft bis zum Tod. Der Folterskandal wurde von Presseorganen durch die Veröffentlichung von Beweisfotos und -videos aufgedeckt. Es handelte sich nicht um einzelne Verfehlungen, sondern um systematisch angewandte Gewalt an vielen Gefangenen.

 

Enthauptungen im Namen Allahs, 02.09.2014
Der Herr hat´ s gegeben, der Herr hat´s genommen; der Name des Herrn sei gelobt (Hiob 1, 20–22)

Al-Kaida-Terroristen enthaupteten den Journalisten Nicholas Berg im Irak vor laufender Kamera. Das Video zirkulierte lange im Internet und wurde viele Millionen Mal angeklickt. Zu hören war der Moment, in dem die Kehle des Opfers mit einem Messer durchtrennt und dabei die Luft hastig und filterlos ausgestoßenen wurde. Die menschliche Stimme des Opfers verwandelte sich in wenigen Sekunden in ein heißes Zischen. Die Reste der Atemluft entwichen durch die offene Röhre. (Clemens J. Setz: Das grelle Herz der Finsternis, in: DIE ZEIT Nr. 40, 25.09.2014, S. 47) Ein Mitglied des „IS“ zeigte online den Vollzug der Enthauptung. Weitere Enthauptungsopfer waren Jim Foley (USA), Steven Sotloff (USA), David Haines (Entwicklungshelfer) und Alan Henning (GB).

 

Die Liste der Grausamkeiten des Menschen ließe sich ins Unendliche fortführen. Sie müsste um die Naturkatastrophen erweitert werden, in denen unzählige Menschen, Kinder, Frauen, Männer, Alte, Unschuldige und Schuldige ums Leben kamen. Wo war Gott? Wie konnte er das zulassen? Warum hat er so viel Leid geschickt? Was haben meine zwei kleinen Nichten, die dreijährige Jule und die fünfjährige Lina Mintzel, Böses getan, dass dieser Gott sie am 26. Dezember 2004 mit den Fluten des Tsunami ins Meer schwemmen ließ? „Einen solchen Gott müssen (…) Millionen Frauen und Kinder als Hohn empfinden, denn sie tun nichts Schlechtes, und Babys und kleine Kinder haben nicht gesündigt, nichts Böses getan“, so empört sich Geißler (2017: Kann man noch Christsein, S, 23) – und auch ich. Gibt nicht jeder meiner Anklagepunkte Grund genug, die Frage nach der Existenz und Rechtfertigung Gottes in den Himmel zu schreien!?

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